Das Theater der Unterdrückten kann auch heute noch bewegen. Dies ist das Fazit des Erfahrungsberichts des deutsch-bolivianischen Regisseurs und Friedensaktivisten Hjalmar Jorge Joffre-Eichhorn, der seit 2009 gemeinsam mit afghanischen Künstlern die Theaterplattform Afghanistan Human Rights and Democracy Organization (AHRDO) betreibt. Etwas spektakelsüchtig und sich wohl auch an den Klischees der hiesigen Wahrnehmung Afghanistans orientierend, verpasste er, fußend auf einer realen Workshop-Erfahrung, seinem Buch den Titel „Wenn die Burka plötzlich fliegt“.
Das Titelblatt ist aber die einzige Seite im ganzen Werk, wo der paternalistische Anspruch des Westens durchdringt. Sensibel und mit Sinn für Details beschreibt Joffre-Eichhorn zunächst, was auch an Friedens- und Entwicklungsbemühungen ziviler Kräfte in Afghanistan aufgrund interner Bürokratie der Organisationen und der in den Jahren der Besetzung immer mehr zunehmenden Distanz zur sozialen Realität im Lande im Scheitern begriffen ist. Er schildert als Gegenbeispiel, wie sich das Instrumentarium des Theaters der Unterdrückten zu einem Mittel entwickelte, Herzen und Sinne zu öffnen.
Anfangs kommt vor allem dem Statuentheater große Bedeutung zu. Hier bauen Workshop-Teilnehmer mit ihren eigenen Körpern nonverbal Konstellationen, die später bewegt und mit Sprache versehen werden. Gewalt in der Familie, Kriegserlebnisse und Demütigungen aller Art werden so plastisch und erzählbar, auch einem Mann und Ausländer gegenüber. Joffre-Eichhorn verhehlt...