Es ist ein Kreuz: Einerseits kann das Vorhaben, Lutz Seilers „Kruso“ auf die Bühne zu bringen, nur enttäuschen. Auf dem Weg zwischen den knapp 500 Seiten des Romans zur Bühne wird immer etwas verloren gehen. Andererseits: Besucher sehen auf der Bühne eben gern, was jüngst die Belletristikleser-Seelen bewegte. Theater wollen zeigen, dass sie am Puls der Zeit sind. Kritiker, dass sie fleißig lesen. Jetzt also – nach Magdeburg und Gera – der dritte „Kruso“ dieser Spielzeit, diesmal in Potsdam.
2010 brachte hier Intendant Tobias Wellemeyer Uwe Tellkamps „Der Turm“ heraus, ein Kassenschlager, der dem Theater noch heute als Dauerausweis seiner Auseinandersetzung mit der DDR-Vergangenheit dient. Jetzt bekommt er durch „Kruso“ Verstärkung. Die Umsetzung hat der Schweizer Elias Perrig besorgt, der in Roland Schimmelpfennigs „Das schwarze Wasser“ zeigte, wie man leichthändig und gedankenschwer zugleich sein kann.
Auch von Lutz Seiler lässt sich Perrig die Leichtigkeit nicht austreiben. Für das Bedeutungsschwangere ist hier vor allem die Bühne (Marsha Ginsberg) zuständig: hohe, festungsartige Wände, die in der Tiefe spitz aufeinandertreffen wie ein Schiffsbug, keine Fenster. Eine Trutzburg. Raus wird man später nur nach vorne kommen, über den Zuschauersaal. Aber erst einmal lässt sich Ed (Holger Bülow), der junge Germanistikstudent, der vor seinem Unglück...