Theater der Zeit

Unfall, Explosion, Atomblitz

Das ›Theater der Leere‹ denken

von Teresa Kovacs

Erschienen in: Recherchen 172: Theater der Leere – Heiner Müller, Elfriede Jelinek, Christoph Schlingensief und René Pollesch (12/2024)

Assoziationen: Wissenschaft Heiner Müller

Wenn der Zweifel an der Veränderbarkeit
der Welt wächst, verstärkt sich der Wunsch,
mit den Toten Kontakt aufzunehmen.
——Heiner Müller, »Für immer in Hollywood«

If plasticity means what is vital and supple, it is nonetheless always susceptible to petrifaction. If it expresses what is most essential and primal in life itself, it is no less in alliance with the atomic bomb (­Plastikbombe). A living and vital notion, plasticity is also a ­mortal notion. Sheltering, as long as it is possible, the space liberated by the interplay of the extremes between a living kernel and the nuclear ­nucleus, existing on the plane of saturation and vacancy, this is what the future requires.
——Catherine Malabou, The Future of Hegel


Heiner Müller beendet seine kurze, rätselhafte Rede »Die Wunde ­Woyzeck« mit der Imagination einer atomaren Explosion, »die das Ende der Utopien und der Beginn einer Wirklichkeit jenseits der Menschen sein wird«1. Im Mittelpunkt dieser Rede, die Müller im Oktober 1985 in Darmstadt anlässlich der Verleihung des renommierten Georg-Büchner-Preises der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung hielt,2 steht die Frage nach einer Zukunft. Diese wird mit Hoffnung und Angst erwartet, während die Rede gleichzeitig von einer kühlen Gleichgültigkeit geprägt ist,...

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