Magazin
Andere Körper
Über die Jahrestagung der Dramaturgischen Gesellschaft in Hannover zum Thema „Körper“
von Theresa Schütz
Erschienen in: Theater der Zeit: Dickicht der Städte – Shermin Langhoff über die Dialektik der Migration (04/2017)
„Für wen soll das eigentlich interessant sein? Haben wir nicht andere Probleme?“, fragt der scheidende Vorsitzende der Dramaturgischen Gesellschaft (dg), Christian Holtzhauer, nur teilweise polemisch ins Plenum der circa zweihundert Teilnehmenden der Jahrestagung der „kleinen Schwester des Bühnenvereins“, wie die dg auch genannt wird. Seine Vorbehalte zielen auf das Thema der vom 26. bis 29. Januar in Hannover ausgetragenen Tagung „Körper. Repräsentation, Interaktion, Differenz“. Zum Ausdruck kommt eine spürbare Verunsicherung darüber, ob das Tagungsthema im Hinblick auf die gegenwärtige Lage wohl politisch relevant genug sei.
Diese Vorbehalte lassen sich erst nach dem Tagungsbesuch verstehen. Denn trotz der vielen Perspektiven, mit denen in Workshops, Performances, Tischgesprächen und Vorträgen das Körper-Thema betrachtet wurde, gab es doch einen deutlichen Tagungsschwerpunkt zu Fragen der Inklusion. Nun soll das mitnichten heißen, dies sei kein wichtiges, politisches Sujet. Denn das ist es zweifelsfrei, gerade in Anbetracht dessen, dass der Einbezug körperlich und geistig behinderter Schauspieler in Ensemblestrukturen (abgesehen vom Staatstheater Darmstadt) nicht stattfindet. Fällt den Veranstaltenden zum Thema „Körper“ jedoch primär Inklusion und mit ihr der „behinderte“, also der der gesellschaftlichen Norm eben nicht entsprechende Körper ein, wird hier ironischerweise genau diejenige reduktionistische Sichtweise der Mehrheitsgesellschaft affirmiert, welche die eingeladene Anne Waldschmidt im Rekurs auf die...