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Erschienen in: Letzter Vorhang (05/2017)
Sobanski hockte nach wie vor auf dem Stuhl neben der Tablettablage. Er schien sich in den letzten zwei Stunden nicht bewegt zu haben. Die spindeldürren, käsigen Hände noch immer platt vor sich, den Kopf sachte zur Seite geneigt. Ein stoischer Schreibtischtäter. Auf der Ablage eine zerknautschte Colabüchse, darüber der historische Lepper-Spruch: It is dirty, it just looks clean. Es fiel schwer, beides nicht auf Sobanski zu beziehen.
Vor ein paar Minuten hatte ich zum vierhunderdreiund- sechzigsten und letzten Mal meinen ausführlichsten Text auf der Bühne abgeliefert und fand mich nun rechtzeitig vor Pausenbeginn hier unten in unserer hauseigenen Heterotopie ein. Sobanski und ich wechselten diesmal nur ein kurzes, für den hypothetischen Außenstehenden vermutlich komplizenhaftes Nicken. Doch es gab vorläufig keine Außenstehenden.
Rosa schielte mich indessen auf Augenhöhe an. Neben dem vor dem vorhersehbaren Pausensturm halb geöffneten Fenster zur Küche stand ein Gummibaum, den einst Rudi Lothars Frau zu dessen Beerdigung hatte schenken wollen und den diese wütend zurückgewiesen hatte, weil sie Rudi die Schuld am Tod seines Vorgängers gab. Nach gut zwanzig Jahren wälzten sich Zweige und Blätter über dem Küchenfenster und dem Regal mit Flaschen und Gläsern zur leicht gewölbten Kellerdecke hinauf. Von dort, durch einen üppigen immergrünen...