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Unfreie Kunst, verfolgte Künstler
Ein Bericht vom 35. Weltkongress des ITI in Segovia
von Thomas Irmer
Erschienen in: Theater der Zeit: Götterdämmerung – Polen und der Kampf um die Theater (10/2017)
In vielen Ländern verschlechtert sich die Situation der Kunstfreiheit zusehends, das gilt auch für Theater und andere Formen der darstellenden Künste. Neben den subtilen Arten der Zensur und der Unterdrückung einzelner Werke, die auch unter den sich verschärfenden Wertediskussionen in westlichen Ländern anzutreffen sind, gibt es immer mehr bedrohte und verfolgte Künstler, die mit weit mehr als nur der Einschränkung ihrer Arbeit konfrontiert sind. Das Internationale Theaterinstitut ITI rechnet mit einem weiteren starken Anstieg solcher Fälle und hat aus diesem Grund bei der Unesco eine Forderung zur Einführung eines Aktionsplans für politisch bedrohte Künstler eingereicht – das war eines der Ergebnisse des Weltkongresses im Juli im spanischen Segovia. Inwiefern ein solcher Aktionsplan angenommen und umgesetzt werden kann, ist allerdings noch ungewiss. Man braucht neu zu fassende, klare Kriterien, mit denen sich auch höchst verschiedene Formen von Zensur und Repression in unterschiedlichen Ländern beurteilen lassen. Nicht immer gehen Unterdrückung und Verfolgung direkt vom Staat aus, und inwiefern eine scheinbar nur von einzelnen Gruppen ausgeübte Verfolgung auch offiziell gebilligt wird, lässt sich oft nur schwer einschätzen.
Laut einer Studie im Bereich Musik und Musikkultur (für das Theater fehlen solche Zahlen bisher) haben sich allein von 2015 zu 2016 die Repressionen und Verfolgungen...