Theater der Zeit

Theater der Zeit 10/2017

Götterdämmerung

Polen und der Kampf um die Theater

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Editorial

Der ideologische Umbau, der in Polen seit Antritt der rechtspopulistischen PiS-Regierung betrieben wird, hat die Kultur fest im Griff. Die „Chronik des (un)guten Wechsels“, die die Theaterwissenschaftlerin Anna R. Burzynska für unseren Polen-Schwerpunkt in diesem Heft zusammengestellt hat, liest sich atemlos. Intendantenposten werden neu besetzt, Festivalbudgets gekürzt, immer wieder kommt es zu Zensurversuchen einzelner Inszenierungen. Mit dem Instrument der Kulturfinanzierung, erklärt unsere Polen-Korrespondentin Iwona Nowacka, halte die polnische Regierung ein mächtiges Kontrollinstrument in den Händen. Besonders verstörend sind dabei die teils gewalttätigen Aktionen aus der Bevölkerung, die den ideologischen Umbau begleiten. Unter dem Deckmantel nationaler Identitätsbewahrung hat sich in Polen eine seltsame Melange gesellschaftlicher Strömungen vereint. Gegen die Inszenierung „Klątwa“ (Der Fluch) von Oliver Frljic am Teatr Powszechny in Warschau …

Künstlerinsert

Anne Imhof: „Faust“, 2017 Deutscher Pavillon, 57. Internationale Kunstausstellung – La Biennale di Venezia. Foto Nadine Fraczkowski / Courtesy Deutscher Pavillon 2017, die Künstlerin

Welt ohne Außen

Anne Imhofs „Faust“ in Venedig.

von Thomas Oberender

Niemand sagt in Anne Imhofs Arbeit im Deutschen Pavillon zum Augenblick „Verweile doch, du bist so schön“ – diesen Zustand kennen die Performerinnen und Performer in diesem „Faust“ genannten Stück …

Thema

„Klatwa“ nach Stanisław Wyspianski erzählt vom Missbrauch in der katholischen Kirche – Gläubige sehen ihre religiösen Gefühle verletzt. Foto Magda Hueckel

Polnisch-polnischer Kulturkampf

Kunst versus Religion? Die Gesellschaft in Polen ist tief gespalten – Künstler sehen sich immer mehr mit Mechanismen der Zensur konfrontiert

von Iwona Nowacka

In seiner Verfassung beschloss das polnische Volk 1997 nicht nur das Zensurverbot, sondern im Artikel 73 auch „die Freiheit der künstlerischen Beschäftigung (...) sowie die Freiheit, an der Kultur teilzunehmen“. …

Foto: Magda Hueckel

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Kolumne

H. wie Hochhuth

Eine Zeit lang hatte ich eine Macke: Jedes Mal, wenn ich bei Theater der Zeit anrief, meldete ich mich, die Stimme leicht verstellt, als Rolf Hochhuth. Ein schlechter Witz wird, …

Foto: privat

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fokus: landesbühnen

Foto Kerstin Schomburg

Helden der Landschaft

Wie die Kulturpolitik Theater immer mehr in die Fläche treibt und deren Macher an die Grenzen des Machbaren

von Dorte Lena Eilers

Es ist drei Uhr nachmittags, als der Staatsschauspieler Bruscon den Tanzsaal des Schwarzen Hirschen in Utzbach betritt. Gewitterschwüle liegt in der Luft. Der Theatermacher ist erschöpft und muss sich setzen. …

Foto: Kerstin Schomburg

Der Bombenentschärfer

Reinhard Simon, Intendant der Uckermärkischen Bühnen Schwedt, ist ein Experte für schwierige Situationen – so auch für die neue Aufgabe seines Hauses als Landestheater

von Gunnar Decker

Neuer Realismus

#14 Der Realismus ist tot

Realistische Kunst stand zu allen Zeiten quer zu den Kollaborationen von Ästhetik und Macht. Die Kunst war immer dann realistisch, wenn sie wie in der Tragödie die Grenzen ritueller Gesellschaften …

von Bernd Stegemann

Protagonisten

Fröhliches Paradies

Marlene Monteiro Freitas’ Choreografien sind surreale Märchen ohne Moral – man möchte sie verlassen oder 1001 Nacht lang weitergucken

von Renate Klett

Auftritt

Bonn: Bundesstadt for Sale

Theater Bonn: „Bonnopoly. Das WCCB, die Stadt und ihr Ausverkauf” (UA) von Ulf Schmidt. Regie Volker Lösch, Bühne Julia Kurzweg, Kostüme Julia Kurzweg und Annegret Riediger

von Martin Krumbholz

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Handfeste Ritter, wüste Besäufnisse – Tom Baldauf (l.) und Peter Wagner in „Ich, Uta“ am Theater Naumburg. Foto Torsten Biel

Naumburg: Sollbruch-Stelle im Mythos

Theater Naumburg: „Ich, Uta“ (UA) von Thomas B. Hoffmann. Regie Stefan Neugebauer, Ausstattung Rainer Holzapfel

von Gunnar Decker

Für Friedrich Nietzsche waren Kirchen „Grabmäler Gottes“. Der Naumburger Dom war für den in dieser Stadt aufgewachsenen Philosophen keine Ausnahme, im Gegenteil, er scheint sogar eine besonders opulente Grabplatte, die …

Foto: Torsten Biel

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Stück

Chor der Polen

Die polnische Regisseurin Marta Górnicka über ihr Stück „Hymne an die Liebe“ und die Suche nach Gemeinschaft in zerrissenen Gesellschaften – ein Gespräch mit Thomas Irmer

von Thomas Irmer und Marta Górnicka

Hymne an die Liebe

Für Orchester, Plüschtierchor und die Anderen (Deutsche Übersetzung des Textes: Andreas Volk, zusätzliche Übersetzungen: Heinz Rosenau)

von Marta Górnicka

Magazin

Reisebüro Rinck: Total Immersion

Bitte versammeln Sie sich eine Viertelstunde vor Vorstellungsbeginn am Haupteingang und verhalten Sie sich ruhig und konzentriert. Nachdem Sie das Drehkreuz passiert haben, folgen Sie den Anweisungen des Sicherheitspersonals. Bitte …

von Monika Rinck

Moderner Schöpfungsmythos – „Frankenstein“ von Wilde & Vogel. Foto Dana Ersing

Prometheus der Dinge

Der Westflügel Leipzig führt „Frankenstein“ zum 20-jährigen Jubiläum der Figurentheatergruppe Wilde & Vogel auf

von Thomas Irmer

Praktisch auf der Rückseite der weithin als Veranstaltungsort und Programmkino bekannten Schaubühne Lindenfels ist der dazugehörige Westflügel mittlerweile eine international bekannte Adresse. Das einst in der Gründerzeit als Ballhaus errichtete …

Foto: Dana Ersing

Übertragen

Eva Holling: Übertragung im Theater. Theorie und Praxis theatraler Wirkung. Neofelis, Berlin 2016, 350 S., 27 EUR.

von Bernhard Siebert

Biene Müller

Heiner Müller: „Für alle reicht es nicht“. Texte zum Kapitalismus. Hrsg. v. Helen Müller und Clemens Pornschlegel in Zusammenarbeit mit Brigitte Maria Mayer. Suhrkamp Verlag, Berlin 2017, 400 S., 16 E

von Erik Zielke

Was macht das Theater?