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Schauspieler in virtuellen Schleifen
Europäische Künstler denken in Karlsruhe über Theater und digitale Medien nach
von Elisabeth Maier
Erschienen in: Theater der Zeit: Schauspiel Leipzig – Martin Linzer Theaterpreis 2017 (06/2017)
Datenklau im Zuschauerraum – das praktizieren Chris Kondek und Christiane Kühl in ihrer Installation „Anonymous P.“. Damit sprengen die Performer Grenzen. Zunächst verwickeln sie das Publikum in ein Smartphone-Spiel, kommen so an deren Daten, hacken E-Mail-Konten. Und die Zuschauer müssen erkennen, dass sie gläserne Menschen sind. Dieses und andere Medienprojekte verblüfften die Teilnehmer bei der Karlsruher Tagung zur Digitalisierung des Dramas. Lust auf technische Experimente brachten viele mit. Aber wie lässt sich das im Theaterbetrieb realisieren? Da war manch einer skeptisch.
„Wir dürfen nicht ängstlich sein, sollten die kalten Medien mit den Emotionen der Schauspieler aufladen“, fordert Jan Linders, stellvertretender Intendant und Chefdramaturg des Karlsruher Staatstheaters. Er hatte die Tagung am Karlsruher Zentrum für Medientechnologie (ZKM) zusammen mit der European Theatre Convention (ETC) organisiert und Medienkünstler aus Europa und den USA eingeladen. Mit 110 Theatermachern aus 20 Ländern loteten sie Möglichkeiten aus, die neue Technologien den Bühnen bieten.
Um über den Horizont beschränkter Theaterapparate hinauszublicken, hatte Linders das ZKM und seinen Leiter, den Medienkünstler und Professor Peter Weibel, ins Boot geholt. Der prophezeit einen radikalen Wandel: „In Zukunft werden wir ein Theater der Dinge haben. Schauspieler werden mit Robotern und autonomen Gegenständen spielen.“ Weichen würden im Virtuellen gestellt. Dies will...