Planmoderne
von Wolfgang Engler
Erschienen in: Wendungen: Die andere Wahrheit (09/2021)
Es hat nicht an Versuchen gefehlt, den administrativen Sozialismus aus der Moderne auszuschließen. Sie gingen naturgemäß von jenen aus, die diese zuvor in den liberalen Kapitalismus eingeschlossen hatten. Dieser Platzmangel in der Moderne ist künstlich, hausgemacht. Wohl standen die Gesellschaften des ehemaligen Ostens denen des Westens an funktionaler Differenzierung sichtlich nach, weil deren Architektur infolge der Verstaatlichung des Privateigentums eine alles überwölbende Entscheidungsebene vorsah. An die ‚Substanz‘ der Moderne, lange, weitverzweigte Handlungsketten, Spezialisierung ihrer Glieder, wechselseitige Abhängigkeit der Individuen wie der funktionellen Einheiten, knüpfte man jedoch an oder schuf sie, wo sie nicht gegeben waren, mittels Industrialisierung und Kollektivierung aus sich heraus. Und damit handelte man sich auch das Problem der Moderne ein, nur dass es sich hier auf umgekehrte Weise stellte: soziale Großeinheiten zu konstruieren, die den Ehrgeiz ihrer Untergliederungen, das allgemeine Wohl zu befördern, wachriefen, ohne dass diese den ihnen vorab zugewiesen Platz verließen und aus der Reihe tanzten. Statt den Egoismus in tugendhafte Bahnen zu lenken, ging es darum, die Tugend geschmeidig zu machen, sodass sie Eingang in die Herzen der Menschen fand und diese aus freien Stücken taten, was sie bis dato nur unter der Knute oder dank des stummen Zwangs des Marktes zu tun bereit...