Abschied
Der pure Moment des atmenden Menschen
Zum Tod von Ulrich Zieger
von Michael Eberth
Erschienen in: Theater der Zeit: Fuck off (09/2015)
Assoziationen: Akteure
es gibt hierzulande eine sicher weitreichend zu nennende verkarstung.
Ulrich Zieger
Eben erst war Ulrich Zieger mit einem Roman aus dem Abseits zurückgekehrt. Einer der großen Verlage hatte von dem Autor, dessen Stücke, Gedichte und Prosawerke bisher nur von Kleinverlagen veröffentlicht wurden, den monumentalen „Durchzug eines Regenbandes“ publiziert. Die ersten Kritiker hatten das Werk staunend und ein wenig befremdet gelobt. Der Autor aus Sachsen, 1961 in Döbeln geboren, hatte schon vor der Öffnung der Grenze das Weite gesucht und war nach Montpellier ausgewandert. Der Liebe wegen. Aber auch in dem Verlangen, Abstand zum Land seiner Herkunft zu finden. In der „Systemzeit“ hatte er Abstand zu den Sinngebilden der sozialistischen Doktrinen gesucht und sich der Ordnung der gängigen Formen verweigert. Die ganz und gar eigene Art, die er in seinem Erzählen gefunden hatte, ließ sich in der Fremde besser bewahren. Zumal dort der Anreiz zur Anpassung fehlte. „Schlimme Nachricht“, sagte sein deutscher Beschützer am Telefon. „Zieger ist tot. Herzinfarkt. Die glutheißen Winde aus Afrika. Fast 50 Grad im Schatten. Sein sächsisches Herz hat das nicht ausgehalten.“ „War er in einer Beziehung?“ „Nicht mit der Frau, die ihn nach Frankreich gelockt hat. Aber er war nicht allein.“
Der Zufall hatte mir in...