Die lustigen Figuren des Puppentheaters, die wir (nicht ohne Grund) Narren, Trunkenbolde oder gar Mörder nennen, als Superhelden zu betrachten, wirkt auf den ersten Blick widersprüchlich. Doch trotz all ihrer Schwächen und „Sünden“ besitzen sie eine übernatürliche Kraft: Unbesiegbarkeit. Gerade in Zeiten historischer Turbulenzen ist genau diese Fähigkeit entscheidend, wenn es darum geht, das Bild eines modernen Puppen-Superhelden als Beschützer zu zeichnen.
Helden oder Sünder?
Sprechen wir über das Superheldentum traditioneller Figuren im Puppentheater, geraten wir sofort in einen Widerspruch. Kann man Figuren wirklich „Helden“ nennen, die offenkundig Trinker, Schläger und Mörder sind – geschweige denn „Superhelden“?
Beatrix Müller-Kampel und Marion Linhardt beschreiben die europäischen Puppenhelden sehr treffend: „Ein Bastard, ein Vielfraß und Trinker, ein Griesgram und Raufbold, ein Frauenjäger und Fantast, ungebildet und analphabetisch, ein Feigling und Streithansl, und ein Narr, der immer nur nach Geld und jungen schönen Mädchen sucht“ (Müller-Kampel / Linhart 2019, 394).
Können wir sie also wirklich als Helden bezeichnen? Figuren, deren Bedürfnispyramide sich auf einen Bissen Essen, eine Flasche und die Gesellschaft einer schönen Frau beschränkt, die hinterlistig lügen, betrügen, andere verraten und ihren Nachbarn, ihre Frau oder ihr Kind töten?
Dieser Artikel basiert auf einem Vortrag, den ich im Rahmen des internationalen Festivals...