Theater der Zeit

2.3. Ein Plädoyer für den Inzest

von Sebastian Kirsch

Erschienen in: Das Reale der Perspektive – Der Barock, die Lacan’sche Psychoanalyse und das ‚Untote‘ in der Kultur (07/2013)

Die überquellende Traumsprache, die entfesselte Sprache des deutschen Trauerspiels mit ihren unabsehbaren Simulationen und Dissimulationen und die »mütterliche« lalangue bilden also einen wechselseitigen Zusammenhang, der speziell in der genealogischen Krise um 1600 hervortritt und sich vielleicht nirgends dichter bündelt als in der Inzestszene aus »Agrippina«. So zeigt die Verhandlung zwischen Nero und seiner Mutter die Kunst von simulatio und dissimulatio auf ihrem Höhepunkt. Frappierenderweise ist Agrippinas große Verführungsrede wie ein juristisches Plädoyer samt Einsprüchen und Gegenreden aufgebaut. Eine Passage als Beispiel:

AGRIPPINA

Warumb sol denn diß Thun als Unthat seyn verfluchet/

Wenn ein holdreicher Sohn die Schoos der Mutter suchet?

Den Brunnen der Geburth? Da er der Libe Frucht

Und die Erneuerung des matten Lebens such’t.

NERO

Es læß’t hierinnen sich aus Gleichnuessen nicht schluessen.

AGRIPPINA

Der Kæyser mach’t ihm nur ein allzu zart Gewissen/

Und læß’t sich binden diß/ was ihn nicht binden kan.

Ward ein Gesætze doch auch damals abgethan/

Als Claudius mit uns vermæhlet wolte leben.

Warumb kan Nero denn nicht auch Gesætz’ aufheben?

(III, 2; Z. 189 – 198; S. 91)

Nachdem Nero sich noch eine Weile weigert und darauf beharrt, dass in einem solchen Fall »Gleichnuesse« nicht taugen mögen, wechselt Agrippina die Strategie. Sie...

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