Am Ende waren es ein paar Jahre zu viele. 35 Jahre lang prägte Dieter Dorn das Münchner Theaterleben, zuerst als Oberspielleiter, dann als Intendant der städtischen Kammerspiele; und als er 2001 ans staatliche Residenztheater wechselte, weil Münchens damaliger Kulturreferent Julian Nida-Rümelin einen Neuanfang an den Kammerspielen mit Frank Baumbauer wollte, schien es ein Glücksfall, dass Dorn der Stadt erhalten blieb. Der Auftakt mit Shakespeares „Kaufmann von Venedig“ im Herbst 2001 mit Thomas Holtzmann in der Titelrolle und Rolf Boysen als Shylock war noch einmal eine Demonstration der alten Stärke von Dorns textzentriertem Schauspielertheater, das die Kammerspiele unter seiner Ägide einst zu einer der ersten Bühnen der Republik gemacht hatte. Doch schon bald erwies sich Dorns letzte Münchner Dekade als bleierner Epilog zur vormals goldenen Ära.
„Spielt weiter!“ – das könnte Dorns trotziges Motto gewesen sein, als seine immer interpretationsscheueren Stückarrangements zunehmend Claus Peymanns alten Boutiquen-Theater-Vorwurf bestätigten. Nun ist es der Titel seiner Autobiografie, von deren Cover herab Dorn den Leser mit Entschlossenheitsmiene anblickt. Bei genauerem Hinsehen ist aber auch ein süffisanter Zug um die Lippen zu erkennen, der Anflug eines altersmilden Lächelns. Mit zerzauster Silbermähne und in seiner Lieblingsjacke – schwarz mit grauen Punkten, die perfekt mit der Haarfarbe korrespondieren...