Ein Abend, so düster wie sein Gegenstand. Drei Stunden, und gefühlt hat man kaum Licht gesehen, dafür allerlei Schrecklichkeiten und Gruselgestalten. An der Volksbühne Berlin hat Claudia Bauer „Germania“ inszeniert, nach Heiner Müllers „Germania Tod in Berlin“ und „Germania 3. Gespenster am Toten Mann“. Dessen Stücke über die Mythen der Deutschen sind zwischen 1956 und 1995 entstanden, also in einer Zeit, in der sich die deutsche Frage wohltuenderweise einmal nicht als Eroberung oder Vernichtung benachbarter Länder stellte. Das Blatt hat sich freilich wieder gewendet, aus den Ruinen erstehen gar alte Stadtschlösser auf. Müller immerhin wusste noch um die Lehre, dass auch in der Weltgeschichte Verbrechen nicht ohne Folgen bleiben können. Dass im Westen Auschwitz und Vernichtungskrieg mit einem Wirtschaftswunder belohnt wurden, kommentierte er mit beißendem Spott. Und er wusste auch, dass man vor der Geschichte nicht einfach fliehen kann. Um ihren fatalen Wiederholungszwängen zu entkommen, muss man in sie eingreifen. Humanismus war und ist in Deutschland die Ausnahme, eine Sache von Abtrünnigen, Verfolgten und Ermordeten. Hitler hingegen war kein Ausrutscher deutscher Geschichte, sondern ihre Konsequenz. Deswegen wird bei Müller – und bei Bauer – von den Germanenführern Flavus und Arminius über die preußischen Könige bis Goebbels und Hitler allerlei höheres...