Schlusswort
von Viktoria Volkova
Der Probenprozess als ein Leben en miniature
Diese Studie stellt den Versuch dar, das Potenzial der Theaterprobenprozesse, nämlich der performativen, transformierbaren Gruppenprozesse, auf die Gestaltung der künstlerischen Figur zu untersuchen und dabei eine neue, relevante methodologische Herangehensweise für die theaterwissenschaftliche Probenforschung herauszuarbeiten. Wenn Theaterwissenschaftler die Aufführung zum »Modell des Lebens«1 erklären, erweist sich die Probe – der der Aufführung vorangehende Prozess – gleichermaßen als ein Modellentwurf des Lebens, und zwar ein Modellentwurf des Lebens von künstlerischen Figuren, in dem die Künstler und andere Probenmitwirkende noch Änderungen vornehmen können, bis sie das Modell selbst geschaffen haben. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang ein Zitat von George Tabori, in dem auch er eine Parallele zwischen der Probe und dem wirklichen Leben zieht. Das Proben sieht er gar als ein ideales Leben:
Eine Theaterprobe spiegelt für kurze Zeit das ideale Leben wider. Menschen treffen sich. Sie haben ein gemeinsames Ziel. Sie arbeiten. Sie diskutieren. Und am Ende findet nicht der Tod, sondern eine Premiere statt.2
»Meine Heimat ist die Probe«3, pflegte Dimiter Gotscheff über die Probe zu sagen. Die Probe vergleicht der Regisseur mit der Heimat, sprich mit einem Ort, der für jedermann heilig ist. In der Heimat beginnt...