„Bandenkrieg in Schlechtes Viertel eskaliert“, teilt die Nachrichtenzeile mit, die in Endlosschleife über die Bildschirme läuft. Und: „Steigende Mordrate im Problembezirk Schlechtes Viertel“. Die Bilder, die dazu zu sehen sind, zeigen das ganz normale Kassel. Vorbeifahrende Autos, die Fußgängerzone, nichts, was Angst machen müsste. Aufgenommen aber sind sie mit jener hauruckzoomenden Wackelkamera, die man aus der Kriegsberichterstattung kennt. Und die noch das belangloseste Bild mit Dramatik aufladen kann. Mitunter liegen eben die Schrecken der Welt nur im Auge des Betrachters.
In den Regieanweisungen zu ihrem neuesten Stück „Testosteron“ hat sich Rebekka Kricheldorf zur Illustration der Horrorbotschaften aus der Draußenwelt eigentlich ganz schlicht Ausschnitte aus Kriegsfilmen gewünscht. Bei der Uraufführung, die Schirin Khodadadian jetzt auf der Studiobühne des Kasseler Staatstheaters besorgte, wurde daraus ein schönes Irritationsmoment. Nicht die einzige Abweichung von der Vorlage, die sich die Regisseurin erlaubt. Doch einer der wenigen Einfälle, mit denen Khodadadian etwas feiner schleift, was Kricheldorf eine „schwarze Parabel“ genannt hat. Und was als Märchengroteske wohl besser beschrieben wäre.
So wie im Wohnzimmer der Klemmers muss man es sich wohl, realistisch betrachtet, nach dem Happy End im Märchen vorstellen. Strotzend vor Gold, Wohlstand und Langeweile. Aber wir sind ja im 21. Jahrhundert, und somit auch videoüberwacht,...