Kolumne
Im Jahr des Herrn
Erschienen in: Theater der Zeit: Je suis Charlie (02/2015)
Assoziationen: Debatte
Es gab mal Berufe, bei denen war das Recherchieren die Grundlage zu ihrer weiteren Ausübung. Der Beruf des Kriminalkommissars gehörte dazu. Auch mancher Schriftsteller hatte die Angewohnheit, sein Thema zuerst zu recherchieren, bevor er sich ans Werk machte und nicht nur auf die eigene Fantasie angewiesen sein wollte. Es gab den Beruf des investigativen Journalisten, dessen Arbeit nahezu ausschließlich vom akribischen Recherchieren abhing. Denn nur wenn seine Behauptungen auch nachweisbar waren, galt ihre Veröffentlichung als seriös. Ihnen allen untergeordnet aber war der private Mensch, der ebenfalls auffällige „Ereignisse“ wahrnahm und dessen Hirn daraufhin in Bewegung geriet, so er nicht zu denen gehörte, die unberührt bleiben, wenn auf der Welt sich das Ungewöhnliche ereignet. Untergeordnet war er, weil ihm selbst nicht die nötigen Mittel zur Verfügung standen und er nicht in Netzwerke eingebunden war, die ihn an entsprechende Informationen hätten gelangen lassen. So musste er auf Nachrichten der Rechercheure warten.
Seine Gedanken aber waren schon seit Bekanntwerden des Ereignisses in Unruhe versetzt. Sie begannen Zusammenhänge herzustellen, sie klammerten sich an spärliche Informationen, Anhaltspunkte bildeten sich heraus, die zu neuen, wieder erdachten Anhaltspunkten führten. Die selbst hergestellten Verbindungen schienen um einiges logischer zu sein als die der Rechercheure. Und dann kam irgendwann...