Knapp ein Jahr ist es nun her, dass in Moskau der Prozess gegen die Mitglieder der Punkband Pussy Riot stattfand. Erst kürzlich protestierten über 100 Künstler, darunter Elton John, Madonna und Yoko Ono, in einem von Amnesty International initiierten Brief erneut gegen das Urteil. Kunst gegen den Staat – hat das eine Chance? Unsere Russlandkorrespondentin Olga Galachowa sagt Ja und verweist auf Milo Raus „Moskauer Prozesse“. Eine Gerichtsreportage anlässlich des ersten Jahrestages der Verurteilung.
Im März dieses Jahres stellte der Schweizer Regisseur Milo Rau mit seinem International Institut of Political Murder das Projekt „Die Moskauer Prozesse“ vor, das die Geschichte der drei aufsehenerregenden Gerichtsprozesse um Religion rekonstruierte, die in den letzten zehn Jahren in Russland stattgefunden haben: die Prozesse gegen die Organisatoren der Ausstellungen „Vorsicht, Religion!“ und „Verbotene Kunst“ sowie der Prozess gegen drei Mitglieder der Punkband Pussy Riot.
Ich gestehe, ich ging nicht ohne Vorbehalte zu dieser Aktion. Das dokumentarische Theater in Moskau ist zwar recht erfolgreich (siehe vor allem das Teatr.doc), doch wird die angekündigte Form, eine imitierte Gerichtsverhandlung, allzu oft strapaziert. So gab es früher in der UdSSR inszenierte Gerichtsprozesse in Fernsehstudios, Schulen und an Universitäten, wobei die Angeklagten jedoch keine realen Personen waren, sondern literarische Gestalten...