Abschied von der Semiotik und Hinwendung zum sozialgesellschaftlichen Kontext
von Julius Heinicke
Erschienen in: Recherchen 148: Sorge um das Offene – Verhandlungen von Vielfalt im und mit Theater (05/2019)
Assoziationen: Wissenschaft
Aus heutiger Sicht ist eine der wichtigsten Errungenschaften der postkolonialen Kritik der Versuch, den universalen und tendenziell verallgemeinernden Gestus der westlichen Wissenschaft zugunsten einer kulturellen und regionalen Kontextualisierung in den Hintergrund zu stellen. So geriet innerhalb der Theaterwissenschaft die Semiotik in die Kritik, da ihre Verfahren zunächst von sehr homogenen Bedeutungsgefügen ausgehen, beziehungsweise die durchführenden der jeweiligen semiotischen Analyse Zeichen, die sie nicht kennen, da sie beispielsweise einem anderen Kulturkanon entnommen sind, nicht oder falsch entziffern oder aber als „Fremdes“ exotisieren. Allerdings stellt Marvin Carlson in „Intercultural Theory, postcolonial theory, and semiotics: The road not (yet) taken“190 fest:
Somewhat surprisingly, however, as theoretical interest in intercultural performance and subsequently in post-colonial performance grew, most theorists in working in these areas did not, like Case191 or Brewer192 within feminist studies, continue to acknowledge the debt their work owed to the semiotic enterprise, nor, even more seriously, was much attention given to how semiotics might be revisited to provide and important critical approach to these new areas of investigation.193
Dennoch haben Fischer-Lichte und Balme zwei Werke vorgelegt, welche explizit zum Ziel haben, semiotische Verfahrensweisen an die interkulturellen Herausforderungen anzupassen. Nach der Analyse interkultureller Arbeiten von Ariane Mnouchkine, Peter...