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kirschs kontexte: Wo Gott eine Kapelle baut …
Martin Luther, (bühnen-)sprachgeschichtlich
von Sebastian Kirsch
Erschienen in: Theater der Zeit: Playtime! – Der Theatermacher Herbert Fritsch (05/2017)
„Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil.“ – „Aus einem verzagten Arsch fährt nie ein fröhlicher Furz.“ – „Hier stehe ich. Ich kann nicht anders.“ Aber auch: „In der Woche zwier, schaden weder ihm noch ihr.“ Und leider: „Man sollte ihre Synagogen und Schulen mit Feuer anstecken, unserem Herrn und der Christenheit zu Ehren, damit Gott sehe, dass wir Christen seien.“ So geht er, der Luther-Sound, jener Herzton der deutschen Sprache, über den in diesem 500. Reformationsjahr durchaus heftig gestritten wird. Auch die Theater scheinen sich derzeit überbieten zu wollen, um einen Beitrag zur Frage: „Was war das nun mit diesem Luther?“ zu leisten. In Münster wird mit einem neuen Luther-Stück „Anfang und Ende eines Mythos“ beschworen, manche Bühnen spielen Dieter Fortes Dokudrama „Martin Luther & Thomas Münzer oder Die Einführung der Buchhaltung“ von 1970, in Fürth gibt man gar ein Luther-Musical.
Eine der bemerkenswertesten Überlegungen zu Luther, die ich von einem Theatermann kenne, hat allerdings nichts mit den betrieblichen Anlässen eines Jubiläums zu tun. Sie stammt vielmehr aus einer Übersetzertätigkeit und hat sich direkt aus der Arbeit an der Bühnensprache ergeben: Schon vor Jahren ist B. K. Tragelehn in seinem Essay „Der deutsche Shakespeare“ darüber gestolpert, wie der...