Essay
Türmer in Zukunft
von Annette Pehnt
Erschienen in: Arbeitsbuch 2017: Heart of the City II – Recherchen zum Stadttheater der Zukunft (06/2017)
Assoziationen: Debatte
Das Theater wird am Rand der Stadt sein. Der Rand der Stadt wird sich bis weit in die Ebene hineingezogen haben; die Flächen zwischen den Dörfern waren längst schon begehrt, wurden gebraucht, gekauft, werden nun bewohnt. Das Theater wurde eines Tages beinahe in die Luft gesprengt; die Bombe konnte entschärft werden, aber danach wollte das Theater im Herzen dieser Stadt nicht mehr sein. Nun liegt es am Rand, in lang gestreckten Baracken, zugigen Hallen und Depots, manche wohnen auch dort. Eine Siedlung der Randständigen, Hartnäckigen, Stolzen und Alten, solche wie wir.
Wir sind Türmer geblieben. Niemand hat uns den Auftrag gegeben, das Projekt hat vor Jahrzehnten geendet, niemand spricht mehr darüber. Nur wir, die Türmer, erzählen uns noch davon. Wie damals wechseln wir uns ab, wir sind wenige, aber umso beharrlicher. Immer noch wollen wir den Blick auf unsere Stadt halten. Aber wir sehen nicht weit, die Dächer des Theaters sind flach und klebrig, der rissige Teer riecht nach bitterem Kaffee; der Blick geht über die Fenster des Depots, tastet die Parkplätze, Umgehungsstraßen und Wohnsilos ab, Geschäfte gibt es hier nicht, niemand hält sich länger draußen auf.
Damals trafen wir eine Vereinbarung: Wir geben die Stadt nicht auf. Ganz gleich,...