Dorte Lena Eilers: Claudia Bosse, Tina Pfurr, Simon Kubisch, Sie sind aus künstlerischen Gründen in die freie Szene gegangen, teils eher zufällig, teils nach frustrierenden Erfahrungen im Stadttheater. Sie haben sich dort weiterentwickeln können, auch die freie darstellende Kunst hat sich weiterentwickelt. Dennoch scheint es, als produziere die Erfolgsgeschichte auch Nachteile. Wie schätzen Sie das ein?
Claudia Bosse: Ich glaube inzwischen, dass die Gründe, weswegen ich mich für die freie Szene entschieden habe, gar nicht mehr existieren. Das betrifft die Zeit, die man für Arbeitsprozesse zur Verfügung hat, und damit die Sorgfalt. Die organisatorische Arbeit gewinnt gegenüber der künstlerischen die Oberhand. Die Veränderung der kuratorischen Praxis in den Produktionshäusern oder die Mittelvergaben in Wien etwa führen aus meiner Sicht zu einer Reduktion der Autonomie des Künstlers.
Tom Mustroph: Dabei ist die Förderung doch quantitativ und qualitativ mehr geworden, in Berlin beispielsweise hat die rot-rotgrüne Regierung den Kulturetat um 15 Prozent erhöht, die Infrastruktur als solche ist gewachsen. Wie erklären Sie sich das?
Bosse: Die Mittel sind nicht mehr geworden, zumindest nicht in Wien, sondern stagnieren seit 16 Jahren beziehungsweise sind rückläufig. Hinzu kommt eine kulturpolitisch intendierte Bündelung freier Künstler an Produktionshäusern. Themensetzungen erfolgen immer mehr über Kuratoren und über die...