Magazin
Theater und Migration
Stephen Wilmer: Performing Statelessness in Europe. Palgrave Macmillan, London 2018, 254 S., ca. 90 EUR.
von Thomas Irmer
Erschienen in: Theater der Zeit: Unter Druck – Das Theater in Ungarn (04/2018)
Der am Trinity College in Dublin lehrende Theaterwissenschaftler Stephen Wilmer war 2014/15 Fellow am Großprojekt Interweaving Performance Cultures der Freien Universität Berlin. So wurde er unmittelbar Zeuge der zahlreichen Aktivitäten deutscher Theater zum Thema Flucht, von denen in dieser Phase Nicolas Stemanns Inszenierung von Elfriede Jelineks „Die Schutzbefohlenen“ (Thalia Theater Hamburg, eingeladen zum Berliner Theatertreffen) die am meisten beachtete, aber auch am kontroversesten diskutierte Arbeit war. Zumindest war das weitere Theaterschaffen zu diesem Thema danach reflektierter und im Einsatz von Betroffenen auf der Bühne auch um einiges umsichtiger.
Wilmer hat nun eine erste umfassende Studie zu dem Komplex Theater und Migration bzw. Staatenlosigkeit vorgestellt, wie sich der englische Titel eigentlich übersetzen ließe. Der große Vorzug des Buches ist, dass es die aktuell-politische Perspektive sowohl methodisch als auch auf den geografischen Bereich angewandt wesentlich erweitert. Das Feld spannt sich von den Adaptionen griechischer Dramen, auf die typischerweise bei diesem Thema immer wieder zurückgegriffen wird (wie auch bei Jelinek), bis zu den naheliegenden Formen des dokumentarischen Theaters. Geografisch verortet Wilmer die ausgewählten Untersuchungen von Dublin über die Niederlande bis nach Malta und belegt so ausführlich seine Eingangsthese, dass Migration eines der umstrittensten Themen unserer Zeit sei.
Die auf das deutsche Theater bezogenen...