Zurück zum technischen Puls der Zeit
von Rainer Simon
Erschienen in: Recherchen 101: Labor oder Fließband? – Produktionsbedingungen freier Musiktheaterprojekte an Opernhäusern (02/2013)
Auch beim Einsatz neuer Techniken und Medien wirkt das Reinheitsdenken in traditionellen Opernbetrieben. Besonders deutlich zeigt sich dessen Wirkmacht dort, wo es um den – ob instrumental oder stimmlich erzeugten – musikalischen Klang geht. Solange dieser nicht verstärkt oder auf eine andere Weise technisch transformiert wird, gilt er als pur und natürlich. Der Einsatz von neuen Techniken führe hingegen unwiderruflich zur Verfälschung und Verunreinigung des eigentlich reinen Klanges. Diese Reinheitsvorstellung erklärt David Moss zur Utopie, da alles Mögliche – die Akustik eines Hauses, das Repertoire, das Instrument, ja auch der Gesangs- oder Instrumentalunterricht – die eigene Stimme oder das eigene Spiel derart bedinge, dass diese überhaupt nicht als Reines und Unbedingtes existierten. Wie das Instrument, der Unterricht oder die Akustik so sind auch neuere technische Mittel wie Mikroports dazu da, den Klang bestmöglich – und das bedeutet auch auf je nach ästhetischen Vorstellungen unterschiedliche Weise – dem Zuhörer zu übermitteln. Für einen solchen freieren Umgang mit akustischen Techniken wäre der Abschied von einem klanglichen Reinheitsdenken in Opernbetrieben erforderlich.
Die Skepsis gegenüber neueren Techniken schlägt sich auch in der materiellen sowie personellen Ausstattung traditioneller Häuser nieder. In der Hierarchie der Produktionsmittel und -abteilungen nehmen zum Beispiel Film und Ton häufig den...