Theater der Zeit

Reenacting History

Geschichte Aufführen: LeipzigÜberLeben

von Elisabeth Kohlhaas, Günther Heeg, Tamar Pollak und Andrea Hensel

Erschienen in: Recherchen 109: Reenacting History: Theater & Geschichte (02/2014)

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Günther Heeg
unter Mitarbeit von Andrea Hensel, Elisabeth Kohlhaas und Tamar Pollak1

GESCHICHTE AUFFÜHREN: LEIPZIGÜBERLEBEN

Geschichte Aufführen – ein Programm

Geschichte Aufführen – Wystawiaç Historię – Re-Enacting History ist der Name eines deutsch-polnischen Theaterprojekts, das im Jahr 2012 gemeinsam von der Stiftung BORUSSIA Olsztyn, dem Institut für Theaterwissenschaft der Universität Leipzig und der Schauspielschule des Stefan-Jaracz-Theaters in Olsztyn konzipiert und durchgeführt wurde.2 Dabei trafen Lehrende und Studierende der Theaterwissenschaft Leipzig auf Schauspielstudierende und Theatermacher aus Olsztyn und erarbeiteten gemeinsam zwei unterschiedliche szenische Präsentationen über die Verfolgung jüdischer Menschen und über die Erinnerung daran in Olsztyn und in Leipzig. Während der Vorbereitung des Leipziger Projekts mit dem Titel LeipzigÜberLeben wurde den Beteiligten rasch klar, dass die Aufführung der Geschichte in Form eines Reenactments erfolgen sollte. Eines Reenactments allerdings, dem nicht, wie es von der volkstümlichen Praxis von Reenactments her bekannt ist, ein einzelnes historisches Ereignis zu Grunde liegt, sondern eine Verflechtung von historischen Ereignissen, sozialen Strukturen, Erzählungen, Quellen, Bildern und Topografien, die man mit Foucault als Genealogie bezeichnen kann.

Das genealogische Verfahren, das die grundsätzliche Herangehensweise der Macher von LeipzigÜberLeben an Geschichte ausmacht, versteht Geschichte nicht als Kontinuum und Sinnzusammenhang, sondern als diskontinuierliches und kontingentes Geschehen, das uns betrifft. „Die Genealogie“, so Michel Foucault,

geht nicht in die Vergangenheit zurück, um eine große Kontinuität jenseits der Zerstreuung des Vergessenen zu errichten. [...] [V]ielmehr [will sie] das festhalten, was sich in ihrer Zerstreuung ereignet hat: die Zwischenfälle, die winzigen Abweichungen oder auch die totalen Umschwünge, die Irrtümer, […] die das entstehen ließen, was existiert und für uns Wert hat. [...] [Sie möchte] alle Diskontinuitäten sichtbar machen, die uns durchkreuzen.3

Um den Effekt dieses gegenwärtigen Durchkreuzens zu erzielen, nimmt die Genealogie das Singuläre, nicht in der Konstruktion von Geschichte Aufgehende besonders in den Blick: Die Genealogie hat nach Foucault

die Einmaligkeit der Ereignisse unter Verzicht auf eine monotone Finalität ausfindig zu machen; sie muss den Ereignissen dort auflauern, wo man sie am wenigsten erwartet und wo sie keine Geschichte zu haben scheinen – in den Gefühlen, der Liebe, dem Gewissen, den Instinkten; sie muss ihre Wiederkunft erfassen.4

Liebe, Gefühle, Gewissen und Instinkte scheinen auf den ersten Blick nicht Objekte der Historiographie zu sein. Wohl aber bevölkern sie die Szenerie des Theaters. Durch die je besondere Weise ihrer Äußerung, ihrer Darstellungsformen und Verkleidungen sind sie die bevorzugten Agenten eines Theaters der Emotionen. Dieses mit der Historiographie verstanden als Genealogie zu verbinden, ist eine Herausforderung, der man sich stellen muss, will man Geschichte aufführen.

Vor dem Hintergrund dieses genealogischen Verständnisses von Geschichte lässt sich das Unternehmen, Geschichte aufzuführen5, konzeptionell wie folgt beschreiben: Das Programm, Geschichte im künstlerischen Reenactment aufzuführen, geht von zwei Absagen und zwei Prämissen aus. Die Absagen betreffen das Theater und die Theaterwissenschaft, die Prämissen gelten der Praxis des Historikers und der Historiographie. Wer Geschichte aufführen will, vertraut nicht länger den Formen der theatralen Geschichtsdarstellung, die auf die Dramaturgie des ‚Dramas der Geschichte‘ zurückgehen, weil in ihnen das Leben der Einzelnen dem vermeintlich objektiven Gang der Geschichte geopfert wird.6

Geschichtsdrama, historisches Melodrama und Geschichtstragödie sind nicht länger dramaturgische Gussformen für die Aufführung von Geschichte. Ungeeignet dafür sind auch historistische Formen des künstlerischen Reenactments und deren theoretische Begründung in Teilen der Theaterwissenschaft, die dem Phantasma eines authentischen Erlebens von Geschichte durch die Verkörperung von (medialen) Geschichtsbildern erliegen.7

Demgegenüber sieht, wer Geschichte aufführen will, in der detaillierten und differenzierenden Arbeit des Historikers, in der Einzigartigkeit seiner historischen Quellen und Materialien, die sich jeder vorschnellen Konstruktion widersetzen, und in den Überraschungen, die er den Archiven zu entlocken weiß, einen genuinen Bündnispartner für die Dekonstruktion der geschichtslosen Geschichtsbilder.8 Mit dieser Partnerschaft verbindet sich zugleich die Überzeugung, dass die Aufführung der Geschichte im künstlerischen Reenactment einen besonderen historischen Erfahrungs-Wert und Eigen-Sinn gegenüber der Geschichtsschreibung erzeugt, die diese hervorzubringen nicht in der Lage ist. Die Eigentümlichkeit dieses Mehrwerts und Zugewinns liegt in der Erfahrung der Historizität der Gegenwart und in der Einsicht in deren zukünftige Potenzialität. Ermöglicht werden Erfahrung und Einsicht im Aufführen der Geschichte durch die Konstruktion einer Raum-Zeit des Nachlebens, in der sich Gegenwart und Vergangenheit ineinanderschieben und verschieben wie Fahrzeuge, die an einem massenhaften Auffahrunfall beteiligt sind. Die raum-zeit liche Verdichtung und Verkeilung, eine Art von historischer Télescopage, ist allen Formen der unbewussten Wiederkehr und der mehr oder weniger bewussten und durchdachten Wiederholung des Vergangenen in der Gegenwart geschuldet.9

Wer, wie in unserem Fall, die Geschichte der Verfolgung jüdischer Menschen in Leipzig aufführen will, muss sich darüber im Klaren sein, dass diese Geschichte nicht vorbei ist. Sie setzt sich fort in der Weitergabe von Traumata in der Familie der Opfer über Generationen hinweg und kehrt wieder im Schweigen der Täter, Mitläufer und Zuschauer, das diese an ihre Kinder weitergegeben haben und das noch die Äußerungen der heutigen Generation der Zwanzigjährigen über den Holocaust als Reaktionsbildung auf das Verschwiegene erkennen lässt. Die Aufführung der Geschichte im Reenactment rekonstruiert die Télescopage der Zeiten im Nachleben des Nationalsozialismus heute und exponiert sie in einem theatralen Spiel-Raum. Hier transformiert sich der Wiederholungszwang des alltäglichen Handelns und Ereignens in die Bewegung virtueller Objekte und Handlungen in einem Theater der Wiederholung.10 In ihm sehen sich die Zuschauer mit kontingenten Konstellationen von Geschichtssplittern konfrontiert. Durch ihre eigentümliche Verschränkung von Nähe und Ferne, Fremdem und Eigenem setzen sie die Einbildungskraft der Zuschauer außer Kraft.

Historische Erfahrung, die sich nicht durch die Distanz gegenüber der Vergangenheit absichert, sondern sich der Télescopage des Nachlebens aussetzt, ist zuallererst historische Widerfahrnis.11 Im Pathos der Widerfahrnis geht der Geschichtsbetrachter seiner distanzierten Position verlustig. Aus dem sicheren Abstand gegenüber einheitlichen Geschichtsbildern, geschlossenen historischen Erzählungen und moralischen Lehren aus der Geschichte sieht er sich selbst in und unter die unabgeschlossene Bewegung virtueller Geschichtsfragmente versetzt. Die Perspektiven, die sich ihm von dort bieten, und die Einsichten, die sich ihm anbieten, sind vorläufig der Änderung unterworfen. Wahrnehmungen von Verbindungen erzeugen aktuelle Konstrukte von Sinn, die wiederum neue Konstellationen sichtbar machen, die nach Aktualisierung von solchen Sinnpotenzialen verlangen und so fort. Alle Einsichten, Verbindungen und Konstellationen sind jederzeit veränderbar. Gerade in dieser prinzipiellen Veränderbarkeit aber liegt ihr zukünftiges Potenzial. Durch die prinzipielle Veränderbarkeit der virtuellen Geschichtsfragmente nämlich transformiert sich Nachleben in Überleben. Die Exposition des Nachlebens des Nationalsozialismus im Theater der Wiederholung eröffnet die Möglichkeit des Überlebens der Geschichte.

Leipzig überleben – Jüdisches Leben in Leipzig und Verfolgung der Juden 1933 bis 1942

In Leipzig verzeichnete die Israelitische Religionsgemeinde 1925 12 594 Mitglieder. Unmittelbar nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten waren es bereits mehr als tausend weniger. Im Juni 1933 lebten laut Volkszählung 11 564 Juden in Leipzig. Das entsprach einem Bevölkerungsanteil von 1,62 Prozent. Trotz dieses geringen Anteils an der gesamten Einwohnerzahl spielten Juden eine bedeutende Rolle im wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Leben der Stadt. „Leipzig als weltoffene Handelsstadt übte von jeher eine große Anziehungskraft auf jüdische Kaufleute in ost und West aus.“12 Mit dem Wegfall der Aufenthaltsbeschränkungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich der Brühl, eine Geschäftsstraße in der Nähe des Leipziger Hauptbahnhofs, zum Zentrum des jüdischen Rauchwarenhandels, gleichsam die Börse für den Pelzhandel weltweit. Viele dieser Rauchwarenhändler waren aus dem osten gekommen. Unter ihnen waren Persönlichkeiten, die in Leipzig nicht nur ihre Geschäfte betrieben, sondern auch als Stifter wirkten. 1922 ließ der Rauchwarenhändler Chaim Eitingon, dessen Firma ihren Stammsitz in Moskau hatte, auf eigene Kosten die orthodoxe Ez-Chaim Synagoge bauen. 1928 betrieb er mit seinem Neffen Matvej Isakovich den Bau des Eitingonkrankenhauses im Waldstraßenviertel der Stadt, das bis 1938 allen Konfessionen offen stand. 1915 errichtete die Familie Ariowitsch, Rauchwarenhändler, die aus Weißrussland nach Leipzig gekommen waren, die Beth-Jehuda Synagoge, 1931 ein Israelitisches Altersheim, das Ariowitschhaus, das eine bewegte Geschichte vorweisen kann: Nach der Deportation seiner letzten Bewohner 1942 diente es der Gestapo als Sitz. Nach dem Ende des Kriegs kurzzeitig den Amerikanern und der Roten Armee als Kommandantur. Erst 2009 konnte es von der Israelitischen Religionsgemeinde Leipzig als Zentrum jüdischer Kultur wieder eröffnet werden.

Es ist wichtig, die Integration der Juden in Leipzig festzuhalten. Sie waren ein elementarer Teil des urbanen Lebens und der städtischen Gesellschaft und hatten entscheidend zum Auf- und Ausbau der Stadt seit der Reichsgründung beigetragen. Neben dem Rauchwarenhandel gab es andere jüdische Unternehmen, die sich für das öffentliche Wohl der Stadt engagierten. Dem Bankier Hans Kroch, der 1928 das erste Hochhaus Deutschlands errichten ließ, verdankt Leipzig die nach ihm benannte Krochsiedlung im Norden der Stadt, eine Anlage des sozialen Wohnungsbaus im Stil der Bauhausmoderne. Henri Hinrichsen, der den Musikverlag C. F. Peters führte, galt als Patron der Künste und war einer der großen Mäzene Leipzigs. Jüdische Verlage, Fabriken und Kaufhäuser gehörten zum Erscheinungsbild der Stadt, z. B. die Verlagsbuchhandlung M. W. Kaufmann oder die Dieterichsche Verlagsbuchhandlung, das Kaufhaus am Brühl, das Kaufhaus Bamberger & Herz, das Kaufhaus Held oder das Kaufhaus Joske. Jüdische Ärzte praktizierten in Leipzig, jüdische Hochschullehrer bereicherten die Universität.

An die dreißig von ihnen verloren mit dem ‚Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums‘, das ‚Nichtarier‘ vom Staatsdienst ausschloss, gleich im April 1933 ihre Stellung. Die Diskriminierung und Ausgrenzung der Juden zielte auch in Leipzig von Beginn an darauf, ihre ökonomische Existenz zu vernichten. Nach der Stigmatisierung durch die Nürnberger Gesetze 1935 wurden mit der ‚Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben‘, die unmittelbar nach der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 erlassen wurde, eine Vielzahl von Maßnahmen in Kraft gesetzt, die Zwangsenteignungen von jüdischem Eigentum legalisierten. Bereits seit Juli 1938 durften jüdische Ärzte nicht mehr praktizieren, jüdische Rechtsanwälte hatten seit Dezember 1938 Berufsverbot, jüdische Zahnärzte konnten ihren Beruf seit Februar 1939 nicht mehr ausüben. Auf das Berufsverbot der selbständigen jüdischen Bevölkerung, die faktische Schließung und Enteignung jüdischer Unternehmen, durch die viele jüdische Angestellten ihrer Arbeitsplätze verlustig gingen, folgte seit 1939 durch die Arbeitsämter zunehmend die Verpflichtung von Juden zur Zwangsarbeit, 1941 wurde der geschlossene Arbeitseinsatz in der ‚Verordnung über die Beschäftigung von Juden‘ festgeschrieben. Auch in Leipzig mussten Juden Zwangsarbeit leisten. So berichtet Rolf Kralovitz, einer der bekanntesten Leipziger Überlebenden des Holocaust, wie er als Totengräber auf dem Leipziger ostfriedhof für die Stadt Leipzig Zwangsarbeit verrichten musste.13

Mit der Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz, lange bevor die physische Vernichtung in die Wege geleitet wurde, ging die Ausschließung der jüdischen Bevölkerung aus dem öffentlichen Raum der Stadt einher. Ende Juli 1935 verbot der Leipziger oberbürgermeister Juden die Benutzung der städtischen Sonnenbäder und der Hallenbäder in Leipzig. Exemplarisch zeigt sich die Vertreibung der Juden aus dem öffentlichen Raum im ‚Kampf ums Rosental‘, einen Volkspark im Herzen der Stadt, den engagierte Leipziger Volksgenossen führten. Unterstützt wurden sie von der Tageszeitung Leipziger Neueste Nachrichten, die feststellte: „Das jüdische Geschmeiss ist gewohnt, sich immer die besten Plätze der Sonnenseite zu sichern“ und anmerkte, „die unverschämte Ghettosippschaft“ stelle Leipzig „keine schöne Visitenkarte aus.“14 Hetzartikel – „Mauschelwinkel warten auf Entrümpelung“ – verlangten die Entfernung jüdischer Unternehmer aus ihrem Geschäftsdistrikt. In der Pogromnacht des 9. November 1938 brannten in Leipzig die Synagogen – es gab insgesamt 13 – und jüdischen Geschäfte. Im Herzen der Stadt, am Augustusplatz, wurde das Warenhaus Bamberger & Herz in Brand gesteckt, tags darauf aber in der Presse unter der Überschrift „Jüdische Brandstifter gefasst“ die Behauptung aufgestellt, die Besitzer hätten den Brand selbst gelegt, um die Versicherungssumme zu kassieren:

Dabei sind die Juden von der Voraussetzung ausgegangen, dass sie in dem Augenblick der großen Erregung in Leipzig ihre Tat unbemerkt begehen und sogar noch als Märtyrer der großen Volkswut im Ausland würden gelten können. Die Juden haben gründliche Arbeit geleistet. Das Konfektionshaus ist vollkommen ausgebrannt.15

Bereits 1935 wurden jüdische Schüler aus dem Raum der öffentlichen Schulen verbannt und ihnen die Aufnahme ins Gymnasium verwehrt. In den kommenden Jahren engte sich der Aktionsraum der jüdischen Bevölkerung immer mehr ein. Nach dem Novemberpogrom 1938 wurden Kino- und Theaterbesuche für Juden verboten. In vielen Städten war der Aufenthalt für Juden in bestimmten Bezirken verboten. Mit Kriegsbeginn wurde am 1. September 1939 eine nächtliche Ausgangssperre für Juden verhängt und ihre Telefonanschlüsse wurden zum 30. September 1940 gekündigt. Seit dem 13. September 1941 durften Juden öffentliche Verkehrsmittel nur noch auf dem Weg zur Arbeit benutzen. Ab 1942 war es ihnen verboten, Zeitungen zu beziehen, öffentlich zu telefonieren, Radio zu hören und sich auf Bahnhöfen und in Gaststätten aufzuhalten. Für die Einhaltung dieser Maßnahmen sollte u. a. das Tragen des Judensterns sorgen, das im September 1941 eingeführt wurde. Ab Mitte 1939 wurden Juden auch aus ihren Häusern und Wohnungen vertrieben und in sogenannten Judenhäusern untergebracht. Bereits Ende oktober desselben Jahres waren dreihundert jüdische Wohnungen in Leipzig geräumt. Insgesamt gab es 47 Judenhäuser im Leipziger Stadtgebiet, die meisten im Waldstraßenviertel und in der Nordvorstadt. Dort warteten die in Leipzig verbliebenen Juden nach dem Ausreiseverbot im oktober 1941 auf die Deportation in die Vernichtungslager im osten.

Im Jahr des Kriegsbeginns 1939 lebten in Leipzig noch 4284 Juden. Die Zahl hatte sich gegenüber 1933 vor allem durch Flucht und Emigration stark verringert. Darunter fallen aber auch die Verhafteten und in die Lager Verbrachten. So wurden in der Woche nach der Reichspogromnacht „in Leipzig 554 jüdische Männer verhaftet, darunter vor allem Geschäftsmänner, Rechtsanwälte, Ärzte, Lehrer. Die meisten waren deutsche Staatsangehörige. Fast alle wurden nach Buchenwald, einige nach Sachsenhausen gebracht“16. Bereits am 28. Oktober 1938 waren in Leipzig in der sogenannten Polenaktion17 1600 aus Polen stammende Juden in Sonderzügen nach Oberschlesien über die polnische Grenze abgeschoben worden. 1296 Personen fanden Unterschlupf im polnischen Konsulat in der Wächterstraße.

Vor Beginn der Deportationen im Januar 1942 hielten sich noch 2022 Juden in Leipzig auf. Die Deportationen begannen am 21. Januar 1942. Sie gingen nach Riga, Belzyce, Theresienstadt, Auschwitz und eine mit unbekanntem Ziel nach Osten. Insgesamt gingen neun Deportationen von Leipzig aus, die letzte am 14. Februar 1945 nach Theresienstadt. 1825 Personen wurden deportiert, 536 Männer, 1090 Frauen, 202 Kinder. 265 Leipziger Juden haben die Deportation überlebt.

LeipzigÜberLeben – das Projekt

Im Zentrum des Projekts Geschichte Aufführen – Wystawiaç Historię – Re-Enacting History standen zwei zehntägige Workshops, die im November und Dezember 2012 in Olsztyn und in Leipzig durchgeführt wurden. Die Workshops beschäftigten sich im ersten Teil jeweils mit der Erkundung des früheren sowie gegenwärtigen jüdischen Lebens in den beiden Städten und regten eine Auseinandersetzung mit der jeweiligen Erinnerungskultur an. Daran anschließend erarbeitete die deutsch-polnische Gruppe unter dem jeweiligen Regieteam die beiden szenischen Präsentationen. Auf diese Weise entstanden in Olsztyn und in Leipzig zwei unterschiedliche, auf die jeweilige Stadt bezogene Theateraufführungen: die Aufführung Tango aus der Asche, die am 23. November 2012 im Stefan-Jaracz-Theater in Olsztyn Premiere feierte. Und das szenische Reenactment LeipzigÜberLeben, das am 7. Dezember 2012 im Spinnwerk Leipzig erstmals aufgeführt wurde.

Bereits geraume Zeit vor den beiden Workshops hatte sich die Leipziger Gruppe im Rahmen eines Seminars im Bachelor- und Masterstudiengang Theaterwissenschaft, das von den VerfasserInnen geleitet wurde, mit der Geschichte Leipzigs im Nationalsozialismus vertraut gemacht. Dazu wurden Stadterkundungen vorgenommen und Orte der effektiven lokalen Verortungen von jüdischer Geschichte in Leipzig besucht. Diese Spurensuche rückte nach und nach die Stadt als Protagonistin ins Zentrum der Überlegungen und Nachforschungen. Das hieß zum einen, dass es in LeipzigÜberLeben nicht allein um die Fokussierung der Opfer des Nationalsozialismus gehen konnte, deren Schicksal isoliert ausgestellt werden sollte, sondern um das Zusammenwirken von Tätern, Opfern und Zuschauern im gemeinsam geteilten Raum der Stadt.18 Deshalb wurden Berichte von jüdischen Zeitzeugen, Opfern und Überlebenden der Verfolgung und Täterdokumente gleichermaßen zur Grundlage des Reenactments gemacht.

Die Berichte und Erinnerungen von Rolf Kralovitz19, Frederick Grubel20, Gerda Gottschalk21, die in Leipzig gelebt hatten und von dort deportiert wurden, aber den Holocaust überleben konnten, die Schilderungen der polnischen Jüdin Rachela Walshaw22, die in Leipzig für die HASAG23 Zwangsarbeit leisten musste, und das Tagebuch der Leipzigerin Dora Hansen24, die im Lager in Riga umkam, bildeten die Quellen und die Textgrundlage auf der Seite der Opfer. Die Berichte und Erzählungen geben gezielte Einblicke in die alltägliche Praxis der Verfolgung. Sie halten das Verhalten von Nachbarn und Bekannten, von Lehrern und Spielkameraden fest und beschreiben detailliert die zunehmenden Schikanen der Behörden. Sie berichten von den Freuden der Kindheit und Jugend im eigenen Stadtviertel und in der ganzen Stadt und von der systematischen Einengung ihres Handlungsraums und Beschneidung ihrer Lebenswelt; sie berichten von unvorstellbarem Leiden und Leid, die die Heranwachsenden getroffen haben.

Unter den Täterdokumenten waren amtliche Schreiben, Verordnungen und Gesetzeserlasse von Behörden und Einrichtungen, die an der Verfolgung und Deportation aktiv beteiligt waren, aber auch des Volkes Stimme wie sie sich in Leserbriefen an die Tageszeitung, in dortigen Kommentaren und Glossen der Redakteure und in (denunziatorischen) Schreiben an die Behörden artikulierten. Herausragend unter diesen Dokumenten eines ‚Antisemitismus von unten‘ waren solche, die idiosynkratisch auf die Anwesenheit von Juden im öffentlichen Raum der Stadt reagierten und ihren körperlichen Abscheu darüber artikulierten, die städtischen Bäder oder das Rosental, den beliebten Park im Herzen der Stadt, mit Juden teilen zu müssen.

Die Entdeckung zentraler Orte des Zusammentreffens von jüdischen und nichtjüdischen Bürgern im urbanen Raum Leipzigs wie der Brühl, das Zentrum des jüdischen Pelzhandels, das Waldstraßenviertel, in dem viele Juden lebten, die zwanzig über die Stadt verteilten Judenhäuser, Sammelstellen für die Deportation, das jüdische Eitingon-Krankenhaus, das Ariowitschhaus, das frühere jüdische Altersheim in der Hinrichsenstraße 14, die Höhere Israelische Schule in der Gustav-Adolf-Straße 7, die große Gemeindesynagoge in der Gottschedstr. 3, die Brodyer Synagoge in der Keilstraße 4, die Ez-Chaim Synagoge in Apels Garten 4 sowie die Beth-Jeduda-Synagoge in der Färberstraße 11 und so fort – all diese Häuser, Gebäude und Plätze im Raum der Stadt luden bei den Recherchen zu LeipzigÜberLeben das gegenwärtige Stadtbild mit Geschichte auf. Die orte und Lokalitäten von damals, wie immer sie auch der städtebaulichen Veränderung unterworfen gewesen sein mögen, erwiesen sich allein durch die gleich gebliebene Adresse als adäquate Vermittler zwischen gestern und heute. Sie stellten den Recherchierenden die Frage nach dem Nachleben der Geschichte in der Gegenwart.

Das Nachleben der Vergangenheit in der Gegenwart und die vielfältigen Beziehungen zwischen beiden sollten für die TeilnehmerInnen des Projekts an ihren eigenen Einstellungen, Vorannahmen und Vor-Urteilen erfahrbar werden. Daher wurde ein Fragebogen vom Leipziger Leitungsteam entworfen. Er enthielt (bewusst provozierende) Fragen zur Identifikation mit der eigenen Nationalität und den damit verbundenen nationalen Klischees, zu Kenntnissen vom und Vorurteilen über das Judentum, zur aktuellen Befindlichkeit die Wohn- und Lebenssituation in der jeweiligen Stadt betreffend sowie zum Nutzen und Nachteil der historischen, erinnerungspolitischen und künstlerischen Befassung mit der Verfolgung und Vernichtung der europäischen Juden. Die Fragebögen wurden bereits im Vorfeld des Workshops von allen Teilnehmenden beider Gruppen beantwortet. Die Antworten der Fragebögen bildeten neben den Berichten der Zeitzeugen und den Täterdokumenten die dritte Textkategorie von LeipzigÜberLeben.

Alle drei Textsorten, die der opfer, der Täter und der Jugendlichen von heute, enthielten neben Informationen, Erkenntnissen und Urteilen jeder Art auch eine Menge an bewusst artikulierten oder unterschwelligen Gefühlen, Passionen, Sympathien und Idiosynkrasien. Dass die Berichte der opfer auch eine buchstäbliche Passionsgeschichte enthalten, liegt auf der Hand. Aber auch die juristischen Erlasse der Täter können die darin unterdrückten Gefühle kaum zurückhalten. Noch in der sachlichen Kälte der Verordnungen, die Juden wie Material und ökonomische Recheneinheiten behandeln, zeigt sich die kalte Wut der Täter und die Gier, von der Ökonomie der Entrechtung, Enteignung und Vernichtung zu profitieren. Im Ekel vor dem Juden, der mit einem zusammen badet und im Abscheu vor der jüdischen Gestikulation der Pelzhändler auf dem Brühl artikuliert sich die idiosynkratische Abwehr einer Ähnlichkeit, die auf keinen Fall wahrgenommen sein will. Idiosynkrasie ist nach Theodor W. Adorno die körperliche Grundlage des Antisemitismus. Sie entzündet sich am stärker mimetischen Gestikulieren von Juden, „durch jede frühe Kindheit hindurch auf Generationen vererbt, vom Trödeljuden auf den Bankier“25, Signum der Angleichung unter dem Druck von Herrschaft und Verfolgung. Sie erinnert den Antisemiten an die eigene Vorgeschichte: den früheren, inzwischen rationalisierten Zwang des Ähnlichwerdens. „Solche Mimik fordert die Wut heraus, weil sie angesichts der neuen Produktionsverhältnisse die alte Angst zur Schau stellt, die man, um in ihnen zu überleben, selbst vergessen musste.“26

Schließlich erwiesen sich auch die Antworten der Projektteilnehmer-Innen auf die Fragebögen keineswegs frei von Gefühlen. Sie enthielten eine ganze Bandbreite an Emotionen, die von Scham und Scheu bis hin zu Ärger und der Abwehr von Schuldgefühlen reicht.27 So bieten alle Quellen und Texte, die für LeipzigÜberLeben recherchiert und herangezogen wurden, nicht nur eine Fülle an historischen und gegenwärtigen Fakten, Informationen, Erkenntnissen und Urteilen, sondern enthalten auch ein Archiv und Arsenal an Emotionen – Gefühle, Liebe, Gewissen und Instinkte nach Foucault –, die die Einzigartigkeit des historischen Ereignisses ausmachen.

Zur Aufführung der Texte wurde eine Textfassung erstellt. Dazu wurden drei Arbeitsgruppen von je vier bis fünf Personen gebildet, die den Texten der Täter, der Opfer und aus den Antworten der Fragebögen nach bestimmten Vorgaben aussagekräftige Zitate entnahmen, die in zeitlichen und thematischen Blöcken zusammengestellt wurden.28 So folgte auf ein Intro mit Statements über das Verhältnis der TeilnehmerInnnen zur polnischen und deutschen Nation eine erste Zusammenstellung von Zeitzeugenberichten über das Leben als jüdische Kinder und Jugendliche Mitte der dreißiger Jahre in Leipzig, konfrontiert mit einem Block von Täteraussagen, die darauf zielten, dieses Leben mehr und mehr zu verunmöglichen. Am Leitfaden der zeitlichen Reihenfolge der Ereignisse schlossen sich zwei Blöcke mit Berichten und Aussagen zur Deportation in den vierziger Jahren an, wiederum aus der doppelten Perspektive der Opfer und Täter. Mit der Wiederholung der aktuellen Statements der TeilnehmerInnen über die eigene Nation endete die Aufführung.

Die horizontale Abfolge der Doppelblöcke von Täter- und Opferdokumenten wurde in der geschichtlichen Vertikalen durch die gegenwärtigen Äußerungen und Stellungnahmen aus den Fragebögen skandiert. Hierbei spielten Bilder eine entscheidende Rolle. Sie stellten die vierte Komponente von LeipzigÜberLeben dar. Dazu gehörten zum einen Photographien von jüdischen Familien, Schülern und Geschäftsleuten der dreißiger Jahre. Sie wurden auf große Leinwände projiziert. Drei dieser Photographien dienten als Folie für Tableaux vivants.29 Sie zeigten eine Gruppe von Kindern während eines Leipziger Stadtfestes, ein Familienportrait, auf dem sich die Familie des Rabbiners Ephraim Carlebach selbst darstellt, und ein Zeitungsphoto, das eine Gruppe von jüdischen Pelzhändlern am Leipziger Brühl zeigt, in denunziatorischer Absicht aufgenommen und womöglich entsprechend bearbeitet. Die Photographien und Tableaux vivants waren mit den Aussagen zu einzelnen Themen der Fragebögen gekoppelt, um die Vergangenheit mit der Gegenwart kurzzuschließen. So war die Photographie und das Tableau vivant der Kinder mit den Anmerkungen zu den gegenwärtigen Lebensumständen der TeilnehmerInnen verbunden, das Bild der jüdischen Pelzhändler mit den Äußerungen über das Bild des Jüdischen und das Portrait der Familie Carlebach mit Statements zur Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus und Holocaust. Bilder spielten auch in einem zweiten Längsschnitt durch die Geschichte eine wichtige Rolle. Zeitgenössische Photographien von Orten, Plätzen, Straßen und Gebäuden, die in den Dokumenten immer wieder genannt werden, sowie kartographisches Material der Stadt Leipzig von damals und heute, gleichfalls immer wieder auf Leinwände projiziert, trugen mit zur Télescopage von Geschichte und Gegenwart bei.

Geteilte Gemeinschaft

Wer am 7. Dezember 2012 als Zuschauer des szenischen Reenactments LeipzigÜberLeben das Spinnwerk Leipzig betritt, wird zunächst mit einer Raumkonstellation konfrontiert, die tradierte Wahrnehmungsmuster und Erfahrungsweisen unterläuft. Es existieren weder ein separater Zuschauerraum, noch ein davon abgetrennter Bühnenbereich. Im Gegenteil: die Stühle für die Zuschauer sind dahingehend aufgestellt, als dass sie inmitten des Raumes einen Kreis bilden. Dieser wiederum ist in seiner Längs- und Querachse durch Wege, beziehungsweise durch mit Kreidestrichen gekennzeichnete ‚Straßen‘, unterbrochen. Ergänzt wird die Anordnung durch drei, die kreisförmige Bestuhlung umschließende Leinwände, die zu Anfang des Reenactments unterschiedliche Ausschnitte eines historischen Leipziger Stadtplans aus dem Jahr 1935 zeigen. So irritierend die Ausstattung auf den ersten Blick erscheinen mag, als so eindeutig erweist sie sich jedoch auf den zweiten, denn: die topographische Anordnung der Stühle, die sie durchlaufenden Kreidestraßen sowie die Bilder des historischen Stadtplans deuten unweigerlich auf den Protagonisten des Abends: auf die Stadt Leipzig, in deren szenische Topografie sich die Zuschauer als mehrfach geteilte Gemeinschaft einordnen. Geteilt sind die Zuschauer zunächst zwischen Auge und Blick, zwischen Sehen und selbst Angesehenwerden. Gesprochen wird aus dem Dunkeln, vor den Leinwänden, auf den gekennzeichneten Kreidestraßen, inmitten des Publikums, dieses umkreisend und/oder unmittelbar konfrontierend. Die Anordnung der Plätze erlaubt keine zentralperspektivische Einbildung des Geschehens. Agiert wird vor, neben und im Rücken der Zuschauer, die mit den Agierenden zugleich immer auch Teile der anderen Zuschauer zuschauend und angeschaut werdend sehen, so dass der distanzierte Blick auf die Akteure von der Einsicht, selbst Teil unter Teilen der Szene zu sein, Zuschauer und/als Akteur zu sein, gedoppelt wird. Aufgeteilt sind die Zuschauer ferner zwischen Sehen und Hören. Durch die szenische Raumaufteilung, die manches nur vernehmen, anderes nur in den Blick nehmen lässt sowie durch die Trennung von Sprache und projiziertem Bild gehen Akustisches und Visuelles nur selten synchron. Die Trennung der Wahrnehmungsmedien des Sehens und Hörens setzt die Identität des Einzelnen aufs Spiel und liefert ihn der fortgesetzten Teilung der Sinne mit und unter den Anderen aus. Geteilt sind die Zuschauer schließlich zwischen damals und heute. Denn der Umgang mit den historischen Quellen und Dokumenten zielt nicht auf das historistische Eintauchen in die Welt der dreißiger Jahre, sondern auf die wechselseitige Mit-Teilung von Vergangenheit und Gegenwart.30 Deshalb überlagern sich Bilder des vergangenen und gegenwärtigen Leipzigs auf den Leinwänden: Riebeckstraße, Gustav-Adolfstraße, Parthegraben, einst Orte des Schreckens, heute der städtebaulichen Sanierung und Restaurierung, schick, idyllisch oder banal.31 Deshalb überschneiden sich Schilderungen des historischen Geschehens mit Statements und Aussagen der studentischen Akteure über ihr Leben und ihre Einstellung gegenüber der Vergangenheit. Und deshalb erfolgt die Präsentation der Zeitzeugenberichte und Täterdokumente nicht qua Verkörperung, sondern als Zitat und Geste, die das Vergangene in die nahe Gegenwart versetzen und das Nah-Gegenwärtige fern erscheinen lassen.

Die gemeinschaftsstiftende Funktion des Reenactments, die oft als eines seiner Kennzeichen genannt wird, mag im populären Reenactment das Bedürfnis nach kollektiver Identität befriedigen. Künstlerische Reenactments, die diesem Bedürfnis nachkommen, sind nichts anderes als Teil des Stadtmarketings und der von ihm initiierten kollektiven Gedächtnisrituale.32 Die mehrfach geteilte Gemeinschaft des Reenactments LeipzigÜberLeben hingegen arbeitet jenem Bedürfnis nach kollektiver Identität entschieden entgegen. Aber gerade in der Teilung der Sinne und Aktivitäten, der Räume und Zeiten schafft sie die Grundlage für die geschichtliche Erfahrung einer künftigen Gemeinschaft.33

Fragebögen

Während die Zuschauer noch nach ihren Plätzen suchen, hat das Reenactment bereits begonnen. Aus unterschiedlichen Ecken sind Stimmen zu vernehmen und allmählich schemenhafte Gestalten zu erkennen, die in polnischer und deutscher Sprache Aussagen über das Verhältnis der Sprechenden zur Nation machen:

Bycie Polakiem jest dla mnie przede wszystkim zwi?zane z poczuciem tożsamości narodowej.

Pole sein, ist für mich vor allem verbunden mit dem Gefühl einer nationalen Identität. […]

Moja narodowość nie ma dla mnie dużego znaczenia.

Ich messe meiner Nationalität keine große Bedeutung bei. [...]

Die Tatsache, dass ich Deutsche bin [...] hat für mich keine Bedeutung.

Nie jestem dumna z tego, że jestem Niemk?, ale i nie wstydz? si? tego, jest jak jest.

Ich bin nicht ‚stolz‘ Deutsche zu sein, ich schäme mich auch nicht dafür, es ist einfach so. […]

Wenn ich die Geschichte der Nation ansehe, fühle ich oft eine große Enttäuschung und Ernüchterung, aber ich kann auch mit einem Schulterzucken mit größerer Distanz (aber auch mehr Verständnis) auf sie blicken und komme zum einfachen Schluss [...] ich mag es einfach Pole zu sein.

Die Äußerungen der Schauspielstudierenden aus olsztyn und der Studierenden aus Leipzig könnten auf den ersten Blick unterschiedlicher nicht sein. Während die Deutschen ihrer Nation überwiegend skeptisch gegenüberstehen oder es direkt ablehnen, sich über ihr Deutschsein zu definieren, zeichnet sich die Mehrheit der polnischen Stellungnahmen durch ein demonstratives Bekenntnis zur polnischen Nation aus, das sich gleichsam kontrafaktisch über die Leidensgeschichte Polens, aber auch über sein ungeklärtes Verhältnis zum polnischen Antisemitismus hinwegsetzt. Versteht man die Frage nach der Stellung zur Nation als die nach der Verortung in einer geschichtlich gewordenen Gemeinschaft, dann zeigt sich hinter den auf der Hand liegenden Unterschieden eine starke Gemeinsamkeit. Gemeinsam ist den polnischen wie den deutschen Statements eine latente Unsicherheit, sich in der Gegenwart historisch zu positionieren. Im forcierten Stolz auf die eigene Nation wie in der brüsken Ablehnung oder der demonstrierten Gleichgültigkeit ihr gegenüber, im Übermaß wie im Mangel an Nationalbewusstsein hallt das Echo auf den „Zivilisationsbruch“ in den „Bloodlands“34 der Geschichte nach, der die so oft beschworene ‚unbefangene‘ Berufung auf die eigene Nation, sei’s die deutsche, sei’s die polnische, unmöglich macht.

Auf schwankendem Grund befinden sich die Studierenden aus Polen und Deutschland auch dann, wenn es gilt, Aussagen über Juden zu treffen. Im Fragebogen war nach vermeintlich jüdischen Eigenschaften, Vorurteilen und Klischees gefragt worden. Die Frage sollte die Bilder des Jüdischen und die damit verbundene Ambivalenz der Gefühle evozieren. Die Antworten dazu zeichneten sich durch große Vorsicht und Zurückhaltung aus. Spürbar ist der Wille, ja nichts Falsches zu sagen:

Das ist jetzt wieder so ein gefährliches Terrain, aber ich frage mich immer, warum Juden so gut in Rhetorik sind wie z. B. Juden von heute wie Marcel Reich-Ranicki und Michel Friedmann.

Für die Beantwortung dieser Frage gäbe es, jenseits falscher Verallgemeinerungen, gewiss eine Reihe historischer Gründe anzuführen. Aber vor dieser eingehenderen Befassung mit dem Anderen, die Klischees und Vorurteile von realen kulturellen Praktiken unterscheidet, steht die Scheu, die gängigen Bilder des Jüdischen auch nur zitierend anzuführen. Gleichzeitig wirkt die Faszination der Bilder nahezu ungebrochen nach, was sich in einer merkwürdigen Mischung aus Attraktion und Repulsion artikuliert:

Intelligenz mit Ehrgeiz verknüpft, was dann noch mit Erfolg gepaart ist – und dann dafür unbeliebt sein bei Nicht-Juden –, das ist typisch jüdisch für mich.

In der Unkenntnis, der Unsicherheit und der Angst vor dem angeblich unbekannten jüdischen Wesen, die in den Äußerungen der dritten Generation nach dem Holocaust zu Tage treten, setzt sich das Schweigen der vorhergehenden Generationen fort. Das Schweigen nicht allein und so sehr über begangene Taten, sondern mehr noch über die Bilder des Fremden, die soviel mit dem Eigenen zu tun haben und die der Grund der nach wie vor schwierigen Kommunikation zwischen Deutschen, Polen und Juden sind.

Daran haben Jahrzehnte ritualisierten Gedenkens an die Opfer nichts geändert. Im Gegenteil: Auf die Frage, was sie an der Auseinandersetzung mit dem Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust störe, ist als Antwort mehrfach ein deutlicher Widerwille gegen den moralischen Zeigefinger und den Zwang zur Erinnerung in der offiziellen politischen Erinnerungskultur zu vernehmen. Unter dem Deckel aber, den das kollektive Gedächtnis über die Geschichte legt, ist das Verhältnis zur Vergangenheit ungeklärt, ambivalent und mit Unlust verbunden:

Es nervt mich, dass ich mich auf eine Art schuldig oder unwohl fühle, Deutscher zu sein, obwohl mir bewusst ist, dass ich überhaupt nichts dafür kann für das, was passiert ist und nichts damit zu tun habe. Oder habe ich doch damit zu tun, weil es sich um meine Vorfahren handelt?

Der schwankende Boden, das gefährliche Terrain, das die jungen Polen und Deutschen nach eigener Aussage mit der Beantwortung des Fragebogens betreten, zeugt vom Nachleben der Vergangenheit in der Gegenwart des 21. Jahrhunderts. Dass Unsicherheit und Ambivalenz, dass das Schwanken der eigenen Position in den Aussagen der Studierenden so deutlich zum Ausdruck kommt, ist ein wichtiger Ausgangspunkt für das Reenactment. Ohne den festen Boden der Gegenwart unter den Füßen zu spüren, den emotionalen Projektionen und Verwerfungen zwischen damals und heute, Fremdem und Eigenem ausgesetzt, sind die TeilnehmerInnen bereits Teil des Nachlebens der Verfolgungsgeschichte jüdischer Menschen, die in LeipzigÜberLeben wiederaufgeführt wird.

Text – Geste – Affekt

Wie wird diese Geschichte aufgeführt? Nicht als Drama und nicht als Verkörperung von dramatischen Szenen. In LeipzigÜberLeben gibt es keine Rollen, durchgehende historische Figuren und keine Dialoge. Aufgeführt wird der Text. Präziser: Seine Gesten. Die Gesten des Textes, im Raum sprechend gegen- und zueinander in Beziehung gestellt und in Bewegung versetzt, konstituieren die Szene und Aufführung des Reenactments LeipzigÜberLeben.

Texten Gesten zu entnehmen heißt, sie als Zitate aus dem Zusammenhang der Erzählung zu reißen. Zu diesem Vorgehen wurden die Leipziger Studierenden nach der Lektüre der Berichte und Lebensgeschichten gleichsam gedrängt. Die Zeitzeugenberichte nämlich erwiesen sich als zentrale Herausforderung für die Auseinandersetzung mit dem Textmaterial, welches das Repertoire für die spätere Textfassung des Reenactments darstellte. Der Auseinandersetzung mit den Berichten lag zunächst die Annahme zugrunde, dass „weder in unserem Gedächtnis noch in der historischen Forschung ein identisches Abbild der Vergangenheit“35 existiert. Wenn Berichte von Zeitzeugen keine Grundlage für eine wahrheitsgetreue Rekonstruktion der erzählten Erlebnisse und Begebenheiten liefern, stellt sich die Frage nach deren Authentizität. Das Verhältnis zwischen Ereignis, Erfahrung und Erzählung ist ein ambivalentes und kontrovers diskutiertes, da Erinnerungen nicht nur ein subjektiver, sondern auch selektiver und fiktiver Charakter anhaftet; der Charakter einer Konstruktion.36 Nicht zuletzt ist dies in einer gesellschaftlich geprägten Erwartungshaltung begründet, die die Kontinuität einer Erzählung auch in der Praxis der Oral History und der Alltagsgeschichte verlangt. Sie korreliert mit der unbewussten Strategie derer, die überlebt haben und, nicht verstummt wie so viele, mit ihren Berichten das ihnen Widerfahrene bezeugen wollen und können. Sie stehen unter dem besonderen Druck, einer traumatisch unterbrochenen Lebensgeschichte nachträglich Zusammenhang zu geben. Das geschieht in den Berichten der Leipziger Überlebenden, die, überwiegend erst in den neunziger Jahren verfasst, das Grauen der Verfolgung in einen Erzählzusammenhang mit pointierten Szenen und Episoden bringen. Diese sind aufschlussreich, weil sie den Mikrokosmos der Verfolgung erläuternd erhellen, aber sie schließen auch das Grauen aus, über das sich nicht berichten lässt. In gewisser Weise können die schlagenden Episoden in diesen Berichten, zu denen man sofort die künftige Filmszene vor Augen hat, als Deckerinnerung verstanden werden, die über eine Bruchzone des Erinner- und Mitteilbaren gelegt wird. Es ist eine Text-Geste der blitzhaften Bedeckung einer Blöße – der Sprachohnmacht –, die sich hier ereignet.37 In ihr artikuliert sich historische Erfahrung. Nicht als Entdeckung des Eigentlich-Nichtsagbaren, sondern als die in der Geste der Scham aufscheinende Geschichte seiner Nichtsagbarkeit und Verdeckung. Hier, in der Historizität der Geste im/des Text(s) wäre das Authentische der Zeitzeugenberichte zu suchen.

Auffindbar sind solche Gesten in den Lebensgeschichten der Überlebenden an den Rändern der Episoden. Kurze, lapidare Sätzen und eine plötzlichen Einsilbigkeit, die im Kontrast zu den ausgemalten Szenen steht, deuten auf heimliche Brüche im Erzählzusammenhang, auf die Virulenz von Gesten. Sichtbare Schnitte, so die Übereinkunft der mit den Texten arbeitenden Studierenden, sollten diese Gesten aus dem Zusammenhang der Erzählung herausstellen. Damit wandelten sie Walter Benjamins Satz über den Erhalt von Gesten für sich ab: „Text-Gesten erhalten wir um so mehr, je mehr wir einen Erzähler unterbrechen.“39 Unter dieser Prämisse wurden Text-Gesten aus den Berichten der Überlebenden herausgebrochen und die Erzählungen um ihre Konstruktion und ihren Zusammenhang gebracht. Anstelle einer Einbettung der einzelnen geschilderten Erlebnisse in eine (große) Gesamterzählung fand gewissermaßen eine Enteignung der Biographien statt. Durch sie wurden die Einzelschicksale dem (vermeintlichen) Kontinuum der opfergeschichte entwendet und eine billig zu habende Identifikation mit den opfern durch ritualisierte Betroffenheit vermieden.

Ebenso wie mit den Lebensgeschichten der opfer verfuhren die Studierenden mit den Dokumenten der Täter. Auch sie wurden Schnitten unterzogen, um die Affekte des Hasses und des Abscheus frei von jeder subjektiven Motivation und Begründung zu erhalten oder um die Maskierung des Affekts, z. B. der Wut, in der rationalisierten Sprache der Bürokratie herauszuarbeiten. Und schließlich wurden auch die eigenen Äußerungen der TeilnehmerInnen aus den Fragebögen durch gezielte Schnitte so pointiert, dass das ganze Spektrum der darin enthaltenen Gefühle plastisch zum Ausdruck kam.

Eine Fülle von affektiv aufgeladenen Text-Gesten ist das Ergebnis dieser operation. Diese textuellen Affektgesten sind als die eigentlichen Protagonisten von LeipzigÜberLeben anzusehen. Losgelöst von jeder psychologischen Erklärung, ungebunden gegenüber jedwedem Erzählzusammenhang und dramatischen Verlauf entwickeln die gestischen Protagonisten gleichwohl eine eigene Dramaturgie. Über die gegenseitige Anziehung und Abstoßung, über Ähnlichkeit, Kontrast und Differenz, Reihung und Unterbrechung entfalten sie eine Eigendynamik, die die Intentionen derer, die die Texte gestisch bearbeiten und zusammenstellen, übersteigt. Durch die Arbeitsteilung und die Arbeitsgruppen hindurch setzt sich im Laufe der Zeit eine Anordnung des gestischen Materials durch, die sozusagen dessen eigener Dramaturgie gehorcht. Die Logik des Materials verfährt mit den Textkonstrukteuren und -monteuren so, wie diese mit den Erzählungen der Zeitzeugen und den Aussagen der Täter verfahren sind. Sie enteignet sie, indem sie sie um ihre Absichten bringt. Stattdessen sehen sie sich selbst aufgeteilt unter die Affektgesten der Texte, die ihre eigenen Konstellationen bilden. Das geteilte Kollektiv der Produzenten ist das Komplement der geteilten Gemeinschaft der Zuschauer.

Die Aufführung der Gesten folgt den Gesetzen der szenischen Lesung.40 Dabei geht es darum, die textuelle Konstellation der Gesten zu verräumlichen durch das Sprechen von verschiedenen Positionen aus, durch szenische Arrangements, Standortwechsel und Bewegungen. Die Dialogizität, die dadurch entsteht, ist keine von Figuren und Rollen, sondern von Affektgesten, die von den Sprechenden ausgesprochen und in den Raum gestellt werden. Das Aussprechen verzichtet auf jede psychologische Grundierung, schmiegt sich aber dem Duktus und Rhythmus der Texte mimetisch an. Dergestalt wird die Geschichte der Geste als die der Be- und Verdeckung des Affekts der Scham, Wut etc. angesprochen. Im Anschluss daran wird das Angesprochene, sprechgestisch Herbeizitierte, ausgesprochen. Im Aussprechen wird die Sprechgeste vom Sprechenden getrennt, räumlich adressiert und auf die Reise geschickt. Die an- und ausgesprochenen Affektgesten im Raum bilden einen skulpturalen Polylogue der Geschichte, sichtbar, hörbar und virtuell. Der gestisch skulpturierte Poly logue der Genealogie ist Raum, in dem sich das Reenactment LeipzigÜberLeben ereignet.

Tableau vivant

Eine der Leinwände leuchtet auf. Eine Photographie aus den dreißiger Jahren erscheint.41 Sie zeigt vier Jungen mit Indianerschmuck, Cowboyhut und Pistole, verkleidet für das alljährliche Stadtfest in Taucha, das bis heute in Leipzig gefeiert wird. Der zweite von links zielt mit der Pistole auf den Betrachter wie mit einem Gewehr, das er angelegt hat. Der Jüngste links im Bild, der sich mit den Indianerfedern groß tun möchte, ist Rolf Kralovitz im Alter von sechs Jahren. Während das Bild auf der Leinwand steht, nehmen vier Akteure aus Olsztyn und Leipzig Indianerschmuck und Cowboyausrüstung von dem Garderobenwagen, der neben der Leinwand steht, legen die Verkleidungsstücke an und treten ins Bild. Dort ahmen sie Haltung, Gesten und Blicke der im Bild Festgehaltenen nach: die scheue Zurückhaltung gegenüber den nicht alltäglichen tollen Utensilien und den Stolz übers kühne Tragen des riesigen Hutrades. Die offen zur Schau gestellte Freude an der Verkleidung und die hintersinnige Mischung aus Angst und vorgeblicher Angriffslust. Während sich die Akteure in der Mimesis an die entschwundenen Kinder der dreißiger Jahre üben, verschwindet die Photographie und die Gruppe nimmt ihren Platz ein. Die Wirkung, die sich einstellt, ist irritierend. Denn der erste Eindruck, dass hier durch die Nachahmung die Photographie gleichsam lebendig geworden sei, weicht auf den zweiten Blick der Wahrnehmung eines entscheidenden Unterschieds. Ganz offensichtlich sind die Akteure in anderer Weise verkleidet als die Kinder auf dem Bild. Während diese den Ernst des Spiels in der Verkleidung offenbaren, stellen die Akteure die Verkleidung demonstrativ aus. Wie die Kinder, die so tun, als ob sie Indianer und Cowboy wären, tun sie so, als ob sie diese Kinder wären, die so tun, als ob sie Cowboy und Indianer wären, und führen dieses Tun als ob gleichzeitig vor. Es ist reflektierte und exponierte Mimesis, die hier am Werk ist. Die rasch und nachlässig angelegten Versatzstücke der Verkleidung ebenso wie die ostentative Vorführung einzelner Stellungen der Beine, Haltungen der Arme und Hände und Wendungen des Körpers machen deutlich, dass diese Mimesis nicht der völligen Angleichung ans tote Bild gilt, sondern als gestische Zitation, die die Posen der Kinder aus den dreißiger Jahren in die Gegenwart versetzt. Die Versetzung der gestischen Zitation lässt nichts an dem Ort, an dem es ursprünglich war. Das erfahren auch die Akteure. Denn die ausgestellte Mimesis, die sie betreiben, teilt sie auf zwischen unterschiedlichen Zeiten und Räumen: In die Mimesis an die im Bild erstarrten Haltungen der Cowboys und Indianer von einst, ins gegenwärtig-aktuelle (Vor)Zeigen der nachgeahmten Gesten und ins Körper zeigen der Zeigenden, das deren Körpergeschichte sichtbar werden lässt.42 Da die Teilung der Zeiten und Räume in ein und derselben Person statthat, schieben sich die getrennten Akte zugleich wieder zusammen und über lagern sich in der Raum-Zeit des Nachlebens, in der sich Zeiten und Räume fortwährend teilen und ineinander übergehen.

In dieser fortwährenden Teilung und Verbindung der Zeiten und Räume bildet sich historische Erfahrung. Erst in der gestischen Zitation werden die Haltungen, Gesten und Blicke der Kinder als historische erkennbar und als solche befähigt zu überleben. Das nämlich bleibt ihnen verwehrt, solange sie in die Photographie gebannt sind. Die ostentative, zitierende Nachahmung der Akteure macht den Eingriff des Todes sichtbar, der im Akt des Photographierens und mehr noch des Photographiert-Werdens stattfindet. Roland Barthes hat diesen Vorgang beschrieben:

Sobald ich [...] das objektiv auf mich gerichtet fühle, [...] nehme [ich] eine ‚posierende‘ Haltung ein, schaffe mir auf der Stelle einen anderen Körper, verwandle mich bereits im voraus zum Bild. [...] [W]enn ich mich auf dem [...] hervorgegangenen Gebilde erblicke, so sehe ich, daß ich GANZ UND GAR BILD geworden bin, das heißt der ToD in Person.43

In der photographischen Bildwerdung, so Barthes, „erfahre ich [...] im kleinen das Ereignis des Todes [...]: ich werde wirklich zum Gespenst“44. Indem die gestische Zitation durch ihre Übertreibung und ausgestellte Verkleidung die Pose als Signum des Todes im photographischen Bild erfahrbar macht, bricht sie dessen Bann und gibt die historische Zeit frei: das endliche Leben der Kinder. Sie überträgt sich in der gestischen Zitation auf Akteure und Publikum als plötzliche Einsicht: Sie hat es gegeben und mich wird es auch gegeben haben. Im Schwindel, den diese Erfahrung auslöst, ordnen sich die Dinge und Anschauungen neu, bilden sich Koalitionen über die Zeiten hinweg, treten unvermutete Korrespondenzen hervor, zeigen sich Räume des Überlebens. Im Überleben öffnet sich das Nachleben auf die Möglichkeit einer Zukunft ohne Wiederholungszwang hin.

Nachdem die Akteure eine Zeit lang die Posen der Kinder auf dem Photo gestisch zitiert haben, erscheint hinter ihnen erneut das Bild. Vor ihm, immer noch in den ausgestellten Haltungen, beginnen sie zu sprechen:

In Leipzig lebe ich sehr gern

Ich lebe sehr gerne in Leipzig

In Leipzig geht es mir gut

Ich lebe sehr gern in Leipzig

Die Stadt Leipzig ist wunderschön

Leipzig ist meine Heimatstadt und ich lebe nach wie vor sehr gerne hier

In Leipzig lebe ich sehr gerne

In Leipzig fühle ich mich sehr wohl

In Leipzig lebe ich sehr gern

Es handelt sich hierbei um eine Zusammenstellung der Antworten aus den Fragebögen zu den aktuellen Lebensumständen der Studierenden. In ihrer wiederholten Unterstreichung von Glück und Zufriedenheit bilden sie den denkbar schärfsten Kontrast zum Schicksal der Kinder in den dreißiger Jahren. oder auch nicht. Gibt man es nämlich auf, diese nur als opfer zu betrachten und ihren Opferstatus festzuschreiben, dann könnten es durchaus auch Sätze des kleinen Rolf Kralovitz und seiner Spielgefährten gewesen sein. Dann artikulierte sich in der Zusammenstellung von Bild, gestischer Zitation und Text, im Zusammenschnitt der Zeiten nichts Geringeres als der damals wie heute dringliche Wunsch, in Leipzig glücklich zu (über)leben.

1Das Projekt Geschichte Aufführen Wystawiaç Historię – Re-Enacting History wurde 2012 von deutscher Seite gemeinsam von Günther Heeg, Andrea Hensel, Elisabeth Kohlhaas, Tamar Pollak und Anna Verena Wagner konzipiert und geleitet. Beiträge von Andrea Hensel, Elisabeth Kohlhaas und Tamar Pollak sind in den Text eingegangen.

2Gefördert wurde das Projekt vom Goethe Institut Warschau, der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit e.V., der Rainer Bickelmann Stiftung sowie von dem Ostpreußischen Landesmuseum.

3Foucault, Michel: „Nietzsche, die Genealogie, die Historie“, in: ders.: Die Subversion des Wissens, aus dem Franz. und Ital. v. Walter Seitter, Frankfurt a. M. 1991, S. 69–90, hier S. 74 und S. 86.

4Ebd., S. 69.

5Geschichte aufführen. Darstellungen der Vergangenheit im Gegenwartstheater ist der Titel der deutschen Übersetzung (2012) des Buchs von Freddie Rokem Performing History. Theatrical Representations of the Past in Contemporary Theatre, Iowa 2000. Rokem untersucht Refraktionen der Shoa auf israelischen Bühnen und setzt sie in Beziehung zu europäischen Theaterarbeiten über die Französische Revolution und amerikanischen Inszenierungen von Dantons Tod. Sein Ansatz, den Schauspieler als Zeugen der eigentlichen, stummen Zeugen zu verstehen, korrespondiert mit der hier vorgestellten Praxis des Reenactments.

6Siehe dazu den einleitenden Aufsatz des Verfassers in diesem Band.

7Ebd.

8Geschichtsbilder, die ihrer historischen Genealogie mythisch entrückt sind, geben in der Gegenwart sowohl den Ritualen des kollektiven Gedächtnisses als auch der historistischen Unterhaltungskultur des Films und Fernsehens Form und Halt. Ihre Herkunft liegt im Theaterhistorismus des 19. Jahrhunderts. Siehe dazu den einleitenden Aufsatz des Verfassers in diesem Band; Ebbrecht, Tobias: Geschichtsbilder im narrativen Kontext. Filmische Narrationen des Holocaust, Bielefeld 2011; ders.: „Die Liebe zum Bild. Nostalgie, Fetisch, Dialektik. Das Bild in der Erinnerungskultur“, in: Extrablatt 4 (2008/2009), S. 13–19.

9Weigel, Sigrid: „Télescopage im Unbewussten. Zum Verhältnis von Trauma, Geschichtsbegriff und Literatur“, in: Bronfen, Elisabeth/Erdle, Birgit R./Weigel, Sigrid (Hrsg.): Trauma zwischen Psychoanalyse und kulturellen Deutungsmustern, Köln 1999, S. 51–76. Zur Entstehung und Weitergabe transgenerationeller Traumata siehe ferner Abraham, Nicolas: „Aufzeichnungen über das Phantom. Ergänzung zu Freuds Metapsychologie“, in: Psyche 8 (1991), S. 691–698; Bar-On, Dan: Die Last des Schweigens. Gespräche mit Kindern von NS-Tätern, Hamburg 2004 (1970); Bohleber, Werner: „Das Fortwirken des Nationalsozialismus in der zweiten und dritten Generation nach Auschwitz“, in: Babylon 7 (1990), S. 70–83.

10Zum Theater der Wiederholung siehe den einleitenden Aufsatz des Verfassers in diesem Band.

11Waldenfels, Bernhard: Bruchlinien der Erfahrung, Frankfurt a. M. 2002.

12Bertram, Ellen: Menschen ohne Grabstein. Gedenkbuch für die Leipziger jüdischen Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung, Leipzig 2011, S. 11.

13Rolf Kralovitz wurde am 15. Juni 1925 in Leipzig, Böhlitz-Ehrenberg, geboren. Ende der zwanziger Jahre zog die Familie in das Waldstraßenviertel. Dort verbrachte Kralovitz Kindheit und Jugend. 1943 wurden Kralovitz, seine Mutter und seine Schwester von der Gestapo verhaftet. Kralovitz wurde in das KZ Buchenwald eingewiesen. Dort war er als Zwangsarbeiter in der Rüstungsproduktion eingeteilt. Nach der Befreiung des KZ Buchenwald im Mai 1945 kehrte Kralovitz als einziger Überlebender seiner Familie nach Leipzig zurück. Dort arbeitete er als Schauspieler im Palast-Theater (Leipziger Zoo) sowie im Casino Belge. Ein Jahr später zog Kralovitz nach München und erhielt neben einem Engagement am Kabarett Simpl die ersten Filmrollen. Kralovitz emigrierte 1949 in die USA und lernte dort seine spätere Frau Brigitte Meckauer kennen. 1953 zog das Paar zurück nach Deutschland, wo Kralovitz seine Schauspielkarriere in Film und Fernsehen fortsetzte. Aufgrund von Erblindung wurde Kralovitz frühzeitig pensioniert. Das Ehepaar lebt derzeit in Köln. Siehe auch: Kralovitz, Rolf: Der gelbe Stern in Leipzig, Köln 1992. Über seine Arbeit als Totengräber siehe ebd. S. 17 ff.

14„Leipziger Tageszeitung Neueste Nachrichten. 22. Mai 1938“, in: Kabus, Sylvia: Wir waren die letzten: Gespräche mit Leipziger Juden, Leipzig 2003, S. 48.

15Juden in Leipzig. Eine Dokumentation zur Ausstellung anlässlich des 50. Jahrestages der faschistischen Pogromnacht im Ausstellungszentrum der Karl-Marx-Universität Leipzig, Kroch-Hochhaus, Goethestr. 2, vom 5. November bis 17. Dezember 1988, bearb. v. Manfred Unger, hrsg. v. Rat d. Bezirkes Leipzig, Abt. Kultur, Leipzig 1989, S. 164.

16Bertram: Menschen ohne Grabstein, S. 20.

17Bei der Polenaktion handelt es sich um die gewaltsame Ausweisung von bis zu 17 000 jüdischen Polen aus dem Deutschen Reich. Die Ausweisung betraf auch die Eltern von Herschel Grynszpan, der deshalb am 7. November in Paris auf den deutschen Botschaftsmitarbeiter Ernst vom Rath schoss; vom Rath verstarb am 9. November, was wiederum den willkommenen Anlass für die gezielte Auslösung und Steuerung der Novemberpogrome 1938 war.

18Siehe Hilberg, Raul: Täter, Opfer, Zuschauer. Die Vernichtung der Juden 1933 – 1945, Frankfurt a. M. 2011.

19Siehe Anmerkung 12.

20Frederick Grubel wurde 1908 in Leipzig geboren. Er studierte dort Jura und absolvierte im Jahr 1930 sein Staatsexamen sowie das Doktorexamen. Noch vor der Prüfung zum Zweiten Staatsexamen wurde Grubel im Jahr 1933 aus dem Staatsdienst entlassen. Daraufhin arbeitete Grubel als Steuerberater sowie als Verwaltungsdirektor der jüdischen Gemeinde Leipzig. 1935 heiratete er Lisa Cohen. 1938 wurde Grubel in das KZ Buchenwald eingewiesen. Nach nur wenigen Wochen kam er frei, kehrte nach Leipzig zurück und emigrierte im Januar 1939 gemeinsam mit seiner Frau und seinem Sohn Henry nach England. 1941 zog die Familie nach New York. Seit den sechziger Jahren war Grubel Direktor des Leo Baeck Institute in New York – einem Forschungszentrum für deutsch-jüdische Geschichte. Frederick Grubel starb im oktober 1998 in New York. Siehe auch: Grubel, Frederick: Jüdisches Leben und Leiden in Leipzig. Erinnerungen 1908 – 1939, Leipzig 1997; Stiefel, Ernst/Mecklenburg, Frank: Deutsche Juristen im amerikanischen Exil 1933 – 1950, Tübingen 1991, S. 9 ff.

21Die Schauspielerin und Halbjüdin Gerda Gottschalk wurde 1919 in Leipzig geboren. Seit 1936 arbeitete sie als Sekretärin beim Kaplan des Leipziger oratoriums, Josef Gülden. Wegen Nichttragens des Judensterns wurde Gottschalk im Jahr 1941 gemeinsam mit ihrer Schwester Helga verhaftet. Beide wurden nur kurze Zeit später in das Arbeitshaus in der Riebeckstraße in Leipzig verlegt. Im Januar 1942 erfolgte die Deportation nach Riga. Im November 1944 gelang es Gottschalk, aus dem Konzentrationslager Stutthof zu fliehen. Mit Hilfe des katholischen Priesters Theodor Gunkel emigrierte sie nach Dänemark. Siehe auch: Gottschalk, Gerda: Der letzte Weg, Konstanz 1991.

22Rachela Walshaw wurde in W?chock/Polen geboren. Während der deutschen Besatzung wurde der Großteil von Walshaws Familie deportiert und/oder umgebracht. Sie selbst wurde im Teenager-Alter zur Zwangsarbeit verpflichtet. Im Sommer 1944 wurde sie nach Leipzig gebracht, wo sie in dem Rüstungskonzern HASAG (Hugo und Alfred Schneider AG) Zwangsarbeit verrichtete. Im Jahr 1949 emigrierte Walshaw gemeinsam mit ihrem Mann und ihrem Sohn in die USA. Siehe auch: Walshaw, Rachela/Walshaw, Sam: From out of the firestorm. A memoir of the Holocaust, New York 1991.

23HASAG: Die Hugo und Alfred Schneider AG wurde 1863 in Leipzig-Paunsdorf gegründet und war zunächst ein Industriebetrieb zur Herstellung von Lampen. Mit der Machtergreifung im Jahr 1933 spezialisierte sich der Betrieb zunehmend auf die Rüstungsindustrie und wurde zu einem der größten Rüstungskonzerne in Deutschland. Gleichzeitig wurde er zu einem Leipziger Zentrum der Zwangsarbeit. Mehr als 10 000 zivile Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge wurden zur Herstellung von Munition und Panzerfäusten verpflichtet. Ab 1944 wurden auf dem Gelände zwei Außenlager des KZ Buchenwald eingerichtet und mehr als 5000 weibliche KZ-Häftlinge zur Zwangsarbeit verpflichtet. 1945 wurden Tausende der HASAG-Häftlinge in Todesmärschen abtransportiert. Am ort der damaligen HASAG befindet sich heute das Umweltforschungszentrum Leipzig. Eine Gedenkstätte erinnert an die Zwangsarbeit während der Zeit des Nationalsozialismus. Darüber hinaus informiert eine Dauerausstellung über die Hintergründe und Zustände der damaligen Zwangsarbeit. Siehe auch: UFZ-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH (Hrsg.): Leipzig Permoserstraße. Zur Geschichte eines Industrie- und Wissenschaftsstandorts, Leipzig 2001.

24Dora Hansen wurde 1884 in Leipzig geboren. Seit 1926 war sie mit dem Rechtsanwalt Harald Hansen verheiratet. Das Haus des Ehepaars galt als Zufluchtsort für jüdische Verfolgte. (Siehe auch: Wendehorst, Stephan: Bausteine einer jüdischen Geschichte der Universität Leipzig, Leipzig 2006, S. 229 ff.) Harald Hansen verstarb 1940. Dora Hansen wurde im Januar 1942 nach Riga deportiert. Dort verfasste sie ein Tagebuch über den Lageralltag. Vor ihrem Abtransport vertraute Dora Hansen das Tagebuch Gerda Gottschalk an, die es aus dem Lager schmuggelte. Dora Hansen wurde im Juli 1944 gemeinsam mit 300 anderen Häftlingen erschossen. Eine gekürzte Fassung des Tagebuchs ist abgedruckt in: Gottschalk: Der letzte Weg, S. 128–139.

25Horkheimer, Max/Adorno, Theodor W.: Dialektik der Aufklärung, in: Adorno, Theodor W.: Gesammelte Schriften, Bd. 3, hrsg. v. Rolf Tiedemann, Frankfurt a. M. 1997, S. 207.

26Ebd.

27Siehe dazu den Absatz Fragebogen in diesem Text.

28Siehe dazu den Abschnitt Text – Geste – Affekt in diesem Text.

29Zur Praxis der Tableaux vivants in LeipzigÜberLeben siehe den Abschnitt Tableau vivant in diesem Text.

30Zum Begriff der Mit-Teilung siehe Nancy, Jean-Luc: „Das gemeinsame Erscheinen. Von der Existenz des ‚Kommunismus‘ zur Gemeinschaftlichkeit der ‚Existenz‘“, in: Vogl, Joseph (Hrsg.): Gemeinschaften. Positionen zu einer Philosophie des Politischen, Frankfurt a. M. 1994, S. 167–204.

31Riebeckstraße: In der Riebeckstraße befand sich das Arbeitshaus, in welches u. a. Gerda Gottschalk zwangseingewiesen wurde; Gustav-Adolfstraße: in der Gustav-Adolfstraße befanden sich so genannte Judenhäuser. Sie waren allein für die jüdische Bevölkerung vorgesehen, die diese Wohnungen beziehen musste. Diese Maßnahme erleichterte die Kontrolle über die jüdischen Bürger und unterband nachbarschaftliche Beziehungen. Zudem konnten die zuvor jüdischen Wohnräume von der deutschen Bevölkerung genutzt werden. Parthegraben: am Parthegraben wurden die jüdischen Bürger zusammengetrieben, bevor sie abtransportiert wurden.

32Als solches verstehen sich in Leipzig das Lichtfest Leipzig 2009 zum zwanzigjährigen Jubiläum der Friedlichen Revolution in Leipzig (siehe den Beitrag von Torben Ibs in diesem Band) sowie das Reenactment zur 200-Jahr-Feier der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 2013.

33Siehe Nancy, Jean-Luc: singulär plural sein, Berlin 2004; Agamben, Giorgio: Die kommende Gemeinschaft, Berlin 2003.

34Diner, Dan: Zivilisationsbruch. Denken nach Auschwitz, Frankfurt a. M. 1988.

35Snyder, Timothy: Bloodlands. Europa zwischen Hitler und Stalin, München 2011.

36Jureit, Ulrike: Erinnerungsmuster: Zur Methodik lebensgeschichtlicher Interviews mit Überlebenden der Konzentrations- und Vernichtungslager, Hamburg 1999, S. 392.

37Vgl. dazu ebd. S. 390 ff.

38 Siehe dazu Heeg, Günther: „Die Geste der Scham als Grundgeste des Theaters“, in: Streck, Bernhard (Hrsg.): Die gezeigte und die verborgene Kultur, Wiesbaden 2007, S. 69–80; Lehmann, Hans-Thies: „Das Welttheater der Scham“, in: ders.: Das politische Schreiben, Berlin 2002, S. 39–58.

39Der Satz von Benjamin lautet: „Gesten erhalten wir umso mehr, je mehr wir einen Handelnden unterbrechen“, in: Benjamin, Walter: Was ist das epische Theater? (1), in ders.: Gesammelte Schriften Bd. 2.2, Frankfurt a. M. 1991, S. 519–531, hier S. 521.

40In der szenischen Lesung geht es nicht um ein Lesen mit verteilten Rollen und angedeuteter Mimik und Gestik. Auf jede herkömmliche Dramatisierung wird verzichtet.

41Insgesamt gibt es drei Tableaux vivants, die Geschichte und Gegenwart zugleich trennen und verbinden. Außer dem hier vorgestellten kommen außerdem hinzu: eine Familienphotographie der Familie des Rabbiners Ephraim Carlebach aus dem Jahr 1925; sowie eine Photographie, die eine Gruppe jüdischer Bürger am Leipziger Brühl zeigt.

42Siehe dazu Mersch, Dieter: „Körper zeigen“, in: Fischer-Lichte, Erika/Horn, Christian/Warstat, Matthias (Hrsg.): Verkörperung. Theatralität 2, Tübingen/Basel 2000, S. 75–91; Heeg, Günther: „Der Körper Brechts“, in: ders.: Klopfzeichen aus dem Mausoleum, hrsg. v. Stefan Schnabel, Berlin 2000, S. 15–38.

43Barthes, Roland: Die helle Kammer. Bemerkung zur Photographie, Frankfurt a. M. 1989, S. 17–21, 23 passim.

44Ebd., S. 22.

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