Kolumne
In welcher Sprache träumst du, Alida?
Wau Wau Wau, die sprühendste Frau der Balkanliteratur
Erschienen in: Theater der Zeit: Angst und Widerstand – Thema Afghanistan (10/2021)
Assoziationen: Debatte
In Prishtina, auf dem Polip-Festival, hab ich Alida Bremer kennengelernt, das ist jetzt bald zehn Jahre her. Gerade haben wir uns wiedergetroffen, wieder in Prishtina, wieder auf Polip, aber dieses Jahr ist vieles anders, weil dem Virus eingefallen ist, das kleine Land Kosovo bevorzugt heimzusuchen, ohne doppelt Geimpfte zu verschonen. Im Oda Theater versammelt sich die Literarische Internationale wie eine verschworene Gemeinschaft, alle maskiert und mit leuchtenden Augen; nur beim Vorlesen oder Diskutieren wird die Maske vom Gesicht gezogen, und wem danach ist, der schielt ab und zu in die Kamera, weil da draußen ja das Publikum sitzt, vereinzelt vor seinen Monitoren. Polip wird um seine langen Nächte gebracht. Nach der letzten Lesung müssen wir rennen, um in den Bars noch etwas zu bekommen. Um halb zehn nämlich machen sie zu, Polizisten drehen ihre Runden, klopfen an die Scheiben und rufen nichts Nettes durch die Tür. Ab zehn herrscht Ausgangssperre. Jetzt sollte ich mein Hotelzimmer beschreiben.
Alida ist eine sprühende Frau. Ein treffenderes Wort als sprühend fällt mir nicht ein, höchstens der Superlativ dazu, sie ist die sprühendste Frau der Balkanliteratur. Von der jüngeren kroatischen Szene hab ich nicht das Schlechteste durch ihre Übersetzungen mitgekriegt, Ivana Sajko, Edo Popović, Renato...