„Wir sollten die Diskussion auch einmal von hier oben herunternehmen und für das Publikum öffnen.“ Diese Bemerkung Heiner Müllers in der hochbrisanten Debatte an der Akademie der Künste im Jahr 1990 über Hans-Jürgen Syberbergs als Buch und Film veröffentlichte Thesen zur ästhetischen Wirkung Adolf Hitlers hätte in Versalien auch über dem gesamten Heiner-Müller-Festival stehen können. Denn Müllers Werk aus den entrückten Gefilden von Ikonenhaftigkeit einerseits und der vermeintlichen Überholtheit andererseits herauszuholen und für jüngere Performergenerationen anschlussfähig zu machen, war der Anlass des von der Internationalen Heiner Müller Gesellschaft und dem HAU – Hebbel am Ufer kuratierten Festivals.
Es gelang vor allem dann, wenn Müller als Dichter ernst genommen und der Rhythmus seiner Sprache wertgeschätzt wurde. Glanzpunkte waren daher die auf sphärische Gesangshöhen gebrachte Vertonung von „Verkommenes Ufer Medeamaterial Landschaft mit Argonauten“ durch das australische Performerduo Damian Rebgetz & Paul Hankinson sowie der „Verräterschwein“-Song der Vokalabteilung der Pop-Punk-Band The toten Crackhuren im Kofferraum (im Rahmen von „‚Wie es bleibt, ist es nicht‘ / 5 Songs für Heiner Müller“).
Rebgetz & Hankinson schwangen sich in „Just Call Me Angel of the Morning“ bei Müllers Kindsmord- und Rachestück zuweilen bis in feierliche Countertenor-Regionen auf, brachen diese Feierlichkeit jedoch gleichzeitig durch ramponierte Engelsflügel und...