Jugend im Zweiten Weltkrieg
von Bruno Flierl
Erschienen in: Selbstbehauptung – Leben in drei Gesellschaften (05/2015)
Am 1. September 1939, an einem schönen Spätsommertag, war für meine Klasse 3b des Realgymnasiums am Zwinger ein Dampferausflug geplant. Die Fahrt sollte von einer Anlegestelle an der Oder im Zentrum Breslaus, gegenüber der Dominsel, flussabwärts bis nach Leubus gehen. Wir Schüler saßen pünktlich um neun Uhr auf dem Oberdeck des Dampfers, dessen Schornstein schon schwarze Wolken in den Himmel puffte. Unser Geschichtslehrer, Herr Dohn, der uns begleiten sollte, war noch nicht eingetroffen, was uns sehr wunderte, hatte er sich doch zu einem festgelegten Termin in der Schule noch nie verspätet. Als er dann kam und vor uns trat, sah er abgehetzt und totenbleich aus. So hatten wir ihn noch nie gesehen. Mit leiser Stimme sagte er: „Liebe Jungs, es ist Krieg! Heute früh ist die deutsche Wehrmacht in Polen einmarschiert. Das wurde vor kurzem im Radio bekannt gegeben.“ Schockiert von dieser Nachricht, schwieg er – und wir mit ihm.
Dann folgte redegewandt der Kommentar: Der „Führer“ habe eine historische Entscheidung im Interesse der Sicherheit Deutschlands getroffen, die durch die zurückliegenden Grenzverletzungen Polens gegenüber unserem Land in Gefahr geraten sei. Nach einer kurzen Pause sagte er: „Krieg, liebe Jungs, ist eine ernste Sache. Aber seid gewiss, dieses Mal wird Deutschland...