Man kann Putbus auf der Insel Rügen für ein nach ostdeutschen Maßstäben elegantes Städtchen halten. Rund um einen Obelisken stehen dreistöckige, kreideweiß renovierte Villen, eine Kastanienallee führt durch einen stattlichen Park mit der in diesen Breiten obligatorischen Orangerie und einem Theater.

Im Sommer stürmen sechs Millionen Leute die Insel, mittlerweile auch Ausländer, nicht nur wie früher Polen, sondern Holländer und sogar Westdeutsche. Viele von ihnen machen einen Abstecher in die Stadt mit den weißen Villen. Wer im Mai vorbeischaut, bekommt neben der zweihundertjährigen Parkanlage ein vom städtischen Theater organisiertes Festival geboten. Angeblich gibt es Besucher, die speziell zu diesem Anlass hierherkommen.

Noch aus DDR-Zeiten bestand mit dem Liebknecht ein Gastspielvertrag. Den hätten wir längst kündigen können, so wie wir 1991 beinahe alle Verpflichtungen aus der Vergangenheit aufgelöst hatten. Aber Hartung pflegte in den ersten Jahren seiner Intendanz eine Art Lokalpatriotismus für Rügen. Dieser ging auf einen Bungalow in Lohme zurück, in dem er angeblich schon seine Schulferien verbracht hatte. Wir gastierten also weiter in Putbus, obwohl sich zwischen unserem Programmangebot und dem Ferienpublikum eine wachsende Kluft auftat.

Dann fiel Hartungs Bungalow einem Wintersturm zum Opfer und wir hätten Putbus nun wirklich absagen können. Inzwischen hatte man dort jedoch Silvia Lindemann...