Methoden: Den Widerspruch zwischen Lehre und Kreation aushalten
von Werner Knoedgen
Erschienen in: Lektionen 7: Theater der Dinge – Puppen-, Figuren- und Objekttheater (10/2016)
Vorgeschichtliches und Fachliches
Der Studiengang Figurentheater an der HfMDK in Stuttgart war 1983 der erste Hochschul-Studiengang seiner Art in ganz Westeuropa. Er wurde von Albrecht Roser und mir gegründet. Vorbilder für einen solchen Studiengang gab es nicht.
Der Auftrag lautete, künstlerischen Nachwuchs für die Gegebenheiten eines Berufes auszubilden, der die Fähigkeit zur Eigeninitiative und zur Selbständigkeit in allen künstlerischen Belangen voraussetzt. Das Kolleg in Bochum mit seinen volkshochschulartigen Fortbildungskursen bot keinerlei Vergleichsmöglichkeit, und auch in Charleville-Mézières, dessen pluralistischer und undogmatischer Kulturtradition wir uns am ehesten verwandt fühlten, existierte damals noch keine Hochschule, sondern nur das Internationale Institut der UNIMA. Mit dem absoluten Novum einer Berufsausbildung von Hochschulabsolventen musste zugleich erst einmal die Glaubwürdigkeit eines Faches nachgereicht werden, das in der öffentlichen Meinung nur als naive Volkstradition oder Subkultur bekannt war. Reaktionen wie: „Ach, soll man die Kasperles jetzt auch studieren?“, waren in der Gründungszeit keine Seltenheit. Erstmals wurde ein Berufsbild definiert.
Die Ziele eines künstlerischen Hochschulstudiengangs mit staatlichem Diplomabschluss konnten natürlich nicht ausschließlich von pragmatischen, berufsrealistischen Überlegungen bestimmt sein.
Der unermesslich große Schaden, den die Nazizeit in der deutschen Kultur angerichtet hatte, lag, als wir mit der Ausbildung begannen, bereits etwa vierzig Jahre hinter uns.
Wir befanden uns mitten in...