Editorial
Irgendwo zwischen den guten Vorsätzen jedes und jeder Einzelnen von uns und der Tristesse einer Spielzeit ohne Theater entsteht mit dieser Ausgabe von IXYPSILONZETT eine Kraft, ein Wir, etwas Gemein sames. Wir blicken in die Zukunft. Wir sind überzeugt davon, dass in und nach der Pandemie Theaterkunst und kulturelle Teilhabe für junge Menschen wichtiger sind denn je.
Wir fordern uns selbst und alle anderen – in Kunst und Bildung, in Institutionen und Politik, im Alltag und in der Krise zum Handeln auf. Dabei übernehmen wir verschiedene Funktionen: mal sind wir Berater*innen, mal diejenigen, die Leerstellen benennen, mal die, die Mut machen, mal die, die sagen, das hat jetzt lange genug gedauert, mal die, die zeigen, worauf wir stolz sein können.
Ausgangspunkt aller Beiträge in dieser Ausgabe von IXYPSILONZETT ist das ASSITEJ Manifest, das im Herbst 2020 veröffentlicht wurde und inzwischen in mehr als 10 Sprachen verfügbar ist. Es entstand im letzten Jahr aus einer Zusammenarbeit von ASSITEJ-Mitgliedern in der ganzen Welt, und bringt auf den Punkt, was notwendig wäre, um die Artikel 13 (Meinungs- und Informationsfreiheit) und 31 (Beteiligung an Freizeit, kulturellem und künstlerischem Leben) der UN-Kinderrechtskonvention ernst zu nehmen und in den Vertragsstaaten (endlich!) umzusetzen.
30 Jahre alt ist die UN-Kinderrechtskonvention, und auch nach 30 Jahren sind wesentliche Fragen offen, wesentliche Forderungen zum Recht auf Teilhabe von Kindern an Kultur weiter unerfüllt:
Wie schaffen wir einen besseren Zugang zu den Kün sten für ALLE Kinder? Wo denken wir Demokratie im 21. Jahrhundert weiter als bis zu einer Abstimmung per Handzeichen oder (Brief)Wahl? Wie gestalten wir Entscheidungsprozesse, die offen und vielgestaltig sind, die Macht transparent machen und Optionen ausloten – und die Kinder und Jugendliche wesentlich als Partner*innen und Berater*innen an diesen Prozessen beteiligen? Wo treten wir einen Schritt zurück und fragen uns, ob unsere Entscheidung im Heute auch für ein Morgen richtig ist, das wir folgenden Generationen hinterlassen?
Wir haben den Autor*innen dieses Heftes das ASSITEJ Manifest zugeschickt und sie gebeten, einen eigenen Schwerpunkt zu setzen. So beziehen sie sich auf unterschiedliche Aspekte und beziehen zugleich Stellung: Wo kann ich anknüpfen? Was ist mir wichtig? Was setze ich schon um? Wo sind meine Kompliz*innen und Unterstützer*innen? Wir dürfen beim Nachdenken zu hören und Statements voller Ideen und Energie nachlesen.
Es ist nicht pathetisch, sondern seinem Wesen nach politisch, in den Texten dieses Heftes den Dialog und die Auseinandersetzung zu sehen. Wir alle sind aufgerufen, die Verbindungen zwischen Menschen verschiedenen Alters, weltweit, in Europa, im Bund, in den Ländern und Kommunen, zwischen Politik, Verwaltung, Bildung und Kunst zu suchen und zu gestalten! Die Autor*in nen dieses Heftes geben uns den notwendigen Rückenwind dafür!
Wir haben die Wahl!
Brigitte Dethier und Stefan Fischer-Fels