Eine Freak-Hantologie
Warum der Zirkus lernen muss, mit den Gespenstern zu leben
von Ante Ursić
Erschienen in: Re-exploring the grotesque – Circus perspectives on diverse bodies (VOICES IV) (05/2023)
Assoziationen: Zirkus
Mein Beitrag zu diesem Band ist der freundlichen Einladung der Herausgeber:innen zu verdanken, eine kurze Passage in meinem Artikel On Clown Politics1 zu erläutern, in der ich davor warne, den Begriff der Abjektion als inhärent subversiv zu idealisieren. Am Beispiel von Freak-Performances zeige ich, dass das Abjekte oft zur Aufrechterhaltung konservativer Werte benutzt wurde. Doch bevor ich an meine damalige Argumentation anknüpfe, muss ich gestehen, dass es mir ein gewisses Unbehagen bereitet, über den „Freak“ im Allgemeinen zu schreiben. In meiner wissenschaftlichen Arbeit verwende ich meist Fallstudien. Die Fokussierung auf eine bestimmte Aufführung ermöglicht es mir, beim Spezifischen zu bleiben und nachzuvollziehen, wie sich Konzepte oder Ideen (z. B. Deleuzes organloser Körper, Derridas Animots, Arendts Tiefsinn oder Weheliyes Habeas Viscus) in der Fallstudie entwickeln. Mein Interesse gilt der Untersuchung, wie sich Konzepte artikulieren, was Zirkusaufführungen oder -praktiken auf einer affektiven und theoretischen Ebene bewirken und wie sie auf Konzepte und Ideen zurückwirken und diese verkomplizieren und erweitern können. Meiner Erfahrung nach ist es daher am ergiebigsten, wenn Aufführung und Konzepte in einen Dialog treten, der zu einer Art gegenseitiger Befruchtung von Theorie und Praxis führt.
Mein Unbehagen rührt also von der Tatsache, dass mein Beitrag zu dieser...