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Her mit dem schönen Leben!
Wie das internationale Theaterfestival at.tension an der mecklenburgischen Müritz Utopien erlebbar machen will
von Mirka Döring
Erschienen in: Theater der Zeit: Philipp Hochmair: Ein Mann, alle Rollen (11/2013)
Auf den Dächern der grasbewachsenen Flugzeughangars wehen rote Fahnen. Sengende Hitze liegt über dem Platz. Hunderte Menschen warten mehrere Stunden vor den „Billeterien“ und hoffen, im Verteilungskampf um Theaterkarten das Los zu ziehen. „Wie damals bei den Bananen“, sagt ein Schlangestehender und zuckt schicksalsergeben mit den Schultern. Bekommt jemand eines der raren Billetts, kann er in der womöglich stickigen Spielstätte einen Platz auf einer harten Holzbank ergattern. Theater muss man hier schon richtig wollen.
Das gepolsterte Stadttheater kann von so einem Publikum nur träumen. Hier wollen alle Theater. Und zwar so richtig. Ungefähr 6000 Besucher sind Anfang September zum internationalen at.tension-Theaterfestival ins mecklenburgische Nirgendwo an die Müritz gepilgert, um auf einem ehemaligen russischen Militärflugplatz vier Tage zu zelten. Dixi- Klos und Outdoor-Duschen inklusive.
Die Anstrengung wird mit einem Kurzurlaub von der Wirklichkeit belohnt. Der Kulturkosmos Müritz e.V., der das Gelände seit 1997 als Veranstaltungsort für die Fusion – eines der größten deutschen Festivals für elektronische Musik – nutzt, initiierte die zweijährlich stattfindende at.tension als kleineres Theaterpendant mittlerweile zum fünften Mal. Bekam Letztere zu Beginn noch eine überschaubare Starthilfe durch den Fonds Neue Länder der Bundeskulturstiftung, ist sie jetzt fördergeldunabhängig – die zur Antragsstellung benötigte Arbeit und Energie lassen die Veranstalter...