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Literatur: Nachrichten aus der Vergangenheit
von Katrin Schuster
Erschienen in: Theater der Zeit: Song of Smoke – Der Regisseur und Musiker Thom Luz (05/2015)
Tagtäglich stranden an Europas Küsten immer noch mehr Flüchtlinge, auch aus Syrien, so sie ihre Reise übers Meer denn überleben. Obwohl es also keinen besseren Zeitpunkt geben könnte, um die syrische Literatur ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken, bleiben die hiesigen Verlage ziemlich stumm. Eine der kleinen großen Ausnahmen stellt Dunkle Wolken über Damaskus dar: ein Band mit Erzählungen der syrischen Autorin Dima Wannous, der vor kurzem in der Edition Nautilus erschienen ist.
Der Eindruck, dass dieses Buch wie eine Flaschenpost vor unsere Füße gespült würde, liegt nicht am maritimen Namen des deutschen Verlags, vielmehr enthält „Dunkle Wolken über Damaskus“ tatsächlich Nachrichten aus der Vergangenheit. Aus einer Vergangenheit, die gemessen an Jahren nicht allzu lange her ist, doch weit, weit, weit entfernt wirkt. Auf Arabisch erschien der Band 2007, aber gefühlt sei er ein Dutzend Jahre alt, schreibt Dima Wannous im Vorwort: „Das irrige Zeitgefühl ist ein Resultat der syrischen Revolution, die im März 2011 (…) begann.“ Was vorher war, sei „aus unserer Erinnerung ausgemerzt“, man lebe nun „ausschließlich in der Gegenwart“ – daher die Verwunderung angesichts der eigenen Erzählungen.
Dem „irrigen Zeitgefühl“ begegnet man allerdings schon in den einzelnen Geschichten immer wieder. Wannous erzählt von Menschen, die sich auf...