Peter Hacks „Die Sorgen und die Macht“
von Bernd Stegemann
Erschienen in: Lob des Realismus (05/2015)
Die Uraufführung von Peter Hacks’ „Die Sorgen und die Macht“ war 1962 am Deutschen Theater in Ost-Berlin und hatte politische Auseinandersetzungen zur Folge, die schließlich zu einem Verbot der Aufführung führten. Was wird hier verhandelt, das ein Einschreiten des Staates provozierte? Wie viel Realität vermag das Modell der Handlung zu fassen und für eine andere Zeit noch darzustellen?
Die Handlung ist nach dem brechtschen Vorschlag der modellhaften Fabel konstruiert und von einer anschaulichen Dialektik. Es gibt zwei Industriebetriebe: Der eine produziert Kohlenbriketts, der andere Glasflaschen. Die Briketts des einen wandern in die Glasöfen des anderen. Doch da der eine Betrieb schlechte Briketts produziert, kann der andere Betrieb keine guten Flaschen herstellen. Kein Problem für die Marktwirtschaft, denkt man sich von heute aus gesehen. Kaufen sie die Kohlen eben woanders, und der Betrieb mit der schlechten Qualität wird bald seinem Ende entgegengehen. Doch in diesem Modell aus einer anderen Zeit sieht die Welt anders aus: Die Arbeit an der schlechten Ware wird besser bezahlt als die Mühen für bessere Briketts. Wie kann das sein? Bezahlt wird in diesem skurrilen Fall nicht nach der Qualität, sondern nach der Quantität. Viele Briketts bedeuten ein Lohnplus, da sie über dem verordneten Plansoll liegen. Doch...