Quelle 23: Körper-Störung. Mediale Thesen zum Puppentheater
von Meike Wagner
Erschienen in: Lektionen 7: Theater der Dinge – Puppen-, Figuren- und Objekttheater (10/2016)
Drei besonders augenfällige Inszenierungsstrategien des Figurentheaters lassen sich ausmachen, die das gängige Bild des Körpers „stören“: Zum Ersten wird der beunruhigende Aspekt des Fremdkörpers Puppe betont, der Körperverlust und Tod vor Augen hält. Die Puppe inszeniert sich hier als Zwischenwesen: in ihrer anthropomorphen Gestalt nah und menschlich und gleichzeitig als totes Objekt radikal fremd. In dem Zusammenhang wird der Umschlag der Figur zum unbelebten Material inszeniert und möglicherweise dieses Material auch noch ausgelöscht, die Körperlichkeit völlig aufgehoben. Als zweite Strategie ist die Störung der Körpernorm zu beobachten, die von der Instrumentalisierung der Puppe als Symbol einer totalen Kontrolle von Körperproduktion ausgeht, um dann das spezifische „Störpotenzial“ der Puppe zu nutzen und gerade das Außerordentliche des Puppenkörpers hinsichtlich der Körpernorm zu akzentuieren. So wird etwa ein Puppenbau inszeniert, bei dem sich dann die Figur der völligen Kontrolle entzieht. Die Puppe ist nicht willens, als Körpermodell zu fungieren, entwickelt ein Eigenleben und setzt sich performativ zur Wehr, etwa schon allein dadurch, dass der Puppenbau nur ungenügend gelingt und das Körpermaterial widerspenstig bleibt. Als weitere Strategie lässt sich der Puppenkörper als Prozess beschreiben, der sich seiner Festschreibung widersetzt und das immer neu auszuhandelnde Körpersein zwischen Betrachter, Material und Diskurs demonstriert. Zerstört wird hierbei...