Leben geteilt und allein
von Bruno Flierl
Erschienen in: Selbstbehauptung – Leben in drei Gesellschaften (05/2015)
In der gesamten arbeitsreichen Zeit ab Ende der fünfziger Jahre, in der ich mich in der DDR im Rahmen ihrer Möglichkeiten und Grenzen für sie engagiert einsetzte, in denen ich meine Produktivität entwickelte, bin ich nach dem Tod von Renate im Grunde immer mit mir allein geblieben – allein auch mit anderen, weil ich ein „geteiltes“ Leben mit ihnen führte. Ich hatte nie wieder das Glück, einen Menschen so zu lieben und mit ihm so eng, vertraut und offen zusammenzuleben, wie ich das mit Renate erlebt hatte. Der vertrocknete Zweig eines Schlehdornstrauchs, den ich einige Jahre nach Renates Tod an einem Wegrand abbrach und in meinem Zimmer in ein Glas ohne Wasser stellte, ist mir zum Symbol dafür geworden bis heute, obwohl ich doch nie ganz allein war.
Noch viele Jahre hatte ich guten Kontakt mit meinen Eltern, noch immer habe ich stabile, gegenseitig bereichernde Verbindungen mit meinen Kindern, die schon selbst Kinder haben. Und ich hatte immer wieder auch partnerschaftliche Beziehungen zu Frauen, kürzere und längere. Aber ich führte kein ganzheitliches Leben mehr, sondern ein „geteiltes“ Leben. Darin fühlte ich mich oft allein, mit mir und mit anderen. Lag das an der spezifischen Situation, in die ich nach Renates...