Diskurs & Analyse
Im Chaos tanzen
Zur Gestaltung einer feministischen Clown-Praxis
Erschienen in: Theater der Zeit: Perspektiven der Volksbühne – Viktor Jerofejews Putin-Stück: Der Große Gopnik (05/2024)
Assoziationen: Debatte
Im Herbst 2020 lud mich Erin Pettifor ein, bei ihrer Solo-Clownshow „Stigma, Pistil and Style“ Regie zu führen. Unsere gemeinsame Leidenschaft für feministische Forschung und schamlose Clownsarbeit brachte uns zueinander, um eine Show zu kreieren. Mit Vergnügen erkundeten wir unsere persönliche und politische Beziehung zu Lust, sexueller Handlungsfähigkeit, körperlicher Autonomie und reproduktionspolitischer Gerechtigkeit. Das Ergebnis unseres Schaffensprozesses war eine Show, die das Publikum als „zutiefst nachvollziehbar und wahnsinnig witzig“ bezeichnete.
„In einer Einzelkabine in der Toilette eines Nachtclubs wartet Vooma auf das Ergebnis ihres Schwangerschaftstests. Während die Minuten vergehen, beginnt ihr Körper, sich zu bewegen, sich auseinander zu setzen, freizulegen und aufzuwachen. Das Stück tanzt durch das kosmische Chaos und fragt, wie wir inmitten des unerbittlichen Trubels der Welt tief in uns hineinhören können.“1
Das Stück entstand während des andauernden Kampfes um den Erhalt von Gesetzen zum Schutz von Abtreibungsrechten, Reproduktionsrechten, sexueller Gesundheit und Sexualerziehung, und ebenso als Reaktion darauf. Die Wörter im Titel, „Narbe“ („Stigma“), „Blütenstempel („Pistill“) und „Griffel“ („Stylus“), beziehen sich auf die Anatomie der Fortpflanzung von Blumen. Der Titel des Stücks erinnert an die reiche Geschichte der Blumensymbolik als weibliche Sexualmetapher von Georgia O’Keeffe bis Frida Kahlo und verweist spielerisch auf die gesellschaftliche Stigmatisierung, mit der...