„Die Frage eines Aktionisten ist natürlich: Wie komme ich zurück ins Bild?“, sagt Christoph Schlingensief irgendwann in Bettina Böhlers großartigem Dokumentarfilm „Schlingensief – In das Schweigen hineinschreien“, der eigentlich im April in den Kinos anlaufen sollte (die aber wegen des Coronavirus geschlossen sind). Und diese Frage gilt nicht nur für den Aktionskünstler Schlingensief, sondern auch für den Menschen, der, wie er sagt, die verflixte Angewohnheit habe, die Welt als Film zu betrachten, und das Echo seiner eigenen Schöpfung sei.
Schlingensiefs obsessives Ineinandersetzen von Weltbild und Bildwelt, seit frühesten Kindheitstagen bis hinein in seine tödliche Krebserkrankung, ob als Film- und Theaterregisseur, Privatperson oder Aktionskünstler, resultierte schließlich in jenem unorthodoxen Œuvre von Filmen, Theaterinszenierungen, Aktionen und Installationen, die die deutsche Film- und Theaterwelt zwei Jahrzehnte lang zuverlässig verstörten, aber auch in einem Archiv an privaten 8-mm-Filmen und Videos, unzähligen Interview-, Fernseh- und Theateraufzeichnungen. Beides hat Bettina Böhler in ihrem Debütfilm zu einem ruhelosen Porträt eines ruhelosen Künstlers montiert. Es ist eine wilde und humorvolle Hommage, zehn Jahre nach Schlingensiefs Tod und zu seinem sechzigsten Geburtstag.
Böhler war bis dato als eine der gefragtesten Cutterinnen des deutschen Kinos bekannt, hat mit Valeska Grisebach, Oskar Roehler oder Christian Petzold gearbeitet – und mit Schlingensief...