Ensemble
Das Ensemble als schöpferische Kraft
Erschienen in: Theater der Zeit: Diskussionen ohne Grundlage (11/1946)
Beziehen wir Herbert Jherings richtige und vorwärtsweisende These von der „Wiedergewinnung der inhaltlichen Substanz“ auf den eigentlichen Träger unseres Theaters, die deutsche Schauspielerschaft, so sehen wir, dass uns zuallerletzt die Trümmer der einst so prunkvollen Spielhäuser an einer Wiedergeburt hindern. Man kann auf Fässern Theater spielen, ohne den Lebensnerv der Theaterkunst zu verletzen. Er ist aber auf das empfindlichste getroffen, wenn die Gesamtheit der Schauspieler an einer Auszehrung ihrer eigentlichen Substanz leidet. Das ist leider im Augenblick der Fall, und darum macht die von uns gewünschte rasche Gesundung des deutschen Theaters keine Fortschritte.
Wo ist die Substanz der Schauspielkunst zu suchen?
Im Ensemble. Und nur dort! Denn das innerste Wesen der Schauspielkunst beruht darauf, dass der Darsteller mit anderen Darstellern gemeinsam auf der Bühne steht. Ein Mensch allein auf der Szene, das mag möglich sein; Theater ist es keinesfalls. Nur den harmonischen Zusammenklang vieler künstlerischer Potenzen in einem gemeinschaftlich dargebotenen dramatischen Kunstwerk können wir als „Theater“ bezeichnen. So einfach diese Tatsache ist, so schwer ist es im Augenblick, ihr gerecht zu werden.
Es gibt im Augenblick keine Ensembles. Sie sind zerstört. Es gibt in Deutschland nur mehr oder minder zielbewusste Versuche zu einer Neubildung von Ensembles. Alle diese Versuche müssen...