Olaf Altmann hat die riesige Bühne des Depot 1 geflutet. Das Wasser geht den Schauspielerinnen und Schauspielern bis über die Knöchel. Jeder Schritt, den sie machen, erzeugt kleine Wellen, die ihre Spiegelbilder auf der dunklen Wasseroberfläche zerfließen lassen. So wird sichtbar, was all die Adeligen und die Gelehrten, die Soldaten und die Spaßmacher, die in Stefan Bachmanns Bühnenadaption von Daniel Kehlmanns Roman „Tyll“ über die wölfische Natur des Menschen auftreten, nicht wahrhaben wollen. Ihr Leben und ihre Identität sind nicht nur brüchig, sondern vor allem auch flüchtig. Schon ein einziger Schritt reicht aus, um alles zu zerstören. Und was letztlich noch schwerer wiegt: Keiner von ihnen wird die geringsten Spuren hinterlassen. Auf Olaf Altmanns fluider Bühne bleibt alles ohne Folgen. Der Aufruhr, den die Schritte im Wasser verursachen, legt sich auch wieder, und dann ist alles wie zuvor. Selbst der Dreißigjährige Krieg, der so viel Leid und so viel Grausamkeit hervorgebracht hat, wird zum Sturm im Wasserglas oder eben zu einer flüchtigen Kräuselung des Wassers. Das ist die bittere Botschaft, die Stefan Bachmann und sein Dramaturg Julian Pörksen aus Kehlmanns Narrenepos herausgeschält haben. Und damit sind sie ganz nah bei Shakespeare, der in „Tyll“ sogar einmal leibhaftig in Erscheinung tritt....