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Musik: Flüssige Räume und Bummeltechno
Erschienen in: Theater der Zeit: Die Bibliothek des Körpers – Der Tänzer-Choreograf Ismael Ivo (03/2015)
Wer Musik digital konsumiert, gerät sofort in ein Dilemma unserer Zeit: zwischen freier Verfügbarkeit und totaler Überwachung. Wer einmal eine CD von, sagen wir: The Flock geordert hat, darf den Rest seines Lebens sicher sein, dass er nachhaltig mit Angeboten à la „für Flock-Fans auch interessant“ überhäuft wird. „Was so viele für ein Instrument der Freiheit hielten, wird aufs Effektivste für das exakte Gegenteil benutzt“, weiß auch Internetexperte Sascha Lobo. Der Heidelberger Frühling, vom Zuschnitt ein Premiumfestival des nach allen Seiten offenen Klassiksegments, bietet zum Thema „Dialektik der Freiheit“ sogar ein Symposium an. Gleichzeitig lotet der zeitgenössisch orientierte „off-spring“-Teil des Treffens die Möglichkeiten alternativer Musikkoalitionen aus: So wird ein Streichquartett akustische Klänge mit elektronischen Bummeltechno-Rhythmen des Labels Laut & Luise tanzbar verbinden. Ähnlich stilübergreifend wird der israelische Sänger, Kontrabassist und Echo-Preisträger Avishai Cohen mit dem Stuttgarter Kammerorchester Schnittstellen zwischen Jazz und Klassik erkunden.
MaerzMusik in Berlin, bisher zuständig „für aktuelle Musik“, hat sich in „Festival für Zeitfragen“ umbenannt. Die veränderte Ausrichtung geht auf den österreichischen Musikologen Berno Odo Polzer zurück, der den bisherigen künstlerischen Leiter Matthias Osterwold ablöst. MaerzMusik will, so Polzer, künftig den „Umgang mit Zeit“ thematisieren – durchaus auch im politischen Sinne, „wie wir leben, wie wir...