Magazin
Der Vollstricker
Jakob Nolte: „ALFF“, Matthes & Seitz, Berlin 2015, 277 S., 18 EUR.
von Mirka Döring
Erschienen in: Theater der Zeit: Alexander Kluge: Tschukowskis Telefon – Umwege zum Realismus (12/2015)
In den Zaun ist eine Leiche eingenäht: „Hin- ter den Korridoren, hinter der Schwingtür und den Fahrradständern, hinter dem Schulhof, hinter dem Baseballfeld hängt der leblose Körper des Jungen. Penibel wurde seine Haut in das langweilig symmetrische Geäst des Zauns eingenäht. Nachdem Polizisten den Tatort ausgiebig fotografiert haben, lösen sie den Leichnam mit einem Teppichmesser aus den Maschen, wobei die Klinge sowohl am rechten Ellenbogen als auch an der rechten Ferse bricht. Langsam gleitet er in die Arme des Leichenbestatters, in die Enge des Sargs und den Bauch des Friedhofs.“
Die High & Low Highschool in Beetaville in Neuengland, Nordamerika, ist im Jahr 1994 Schauplatz einer bizarren Mordserie.
Der mutmaßliche Täter: der Vollstricker. Vor allem die Schülerin Meggy (liebt Imperative, sagt Sachen wie: „Die Menschen sind unnütz geworden, ohne es zu merken. Kinder, tot- gereift zu Erwachsenen“) übernimmt die Ermittlungen, die eigentlich der FBI-Agent Donna Jones leiten sollte, aber „Donna kann nachts nicht schlafen, also raucht er entweder Opium oder nachtwandelt. (…) Dann wird er kurz müde und schläft in 40 bis 75 Minuten seinen Tagesbedarf runter. Gestern hat es ihn auf die Randstraße gezogen, in die Vierte Welt, auf den sechsten Kontinent, in den Forst. Unter einem großen Wellblechbaum...