Im Treppenhaus des Bürotrakts des Volkstheaters riecht es nach DDR. Das ist das alte Linoleum, von denen hier noch Reste herumliegen, genug, um jene Stickluft aus Kunststoff und Mief zu erzeugen, die all denen, die sie noch kennen, sofort den Atem nimmt. Wir gehen hinauf ins Büro des neuen Intendanten Sewan Latchinian. Dieses sei von seinem Vorgänger, so sagt er, bereits „amerikanisiert“ worden. Zu sehen ist davon aber nichts, bloß kahle Funktionsinnenarchitektur, ein ortloser Ort – erst noch zu bewirtschaftendes Neuland. Dazu bedarf es allerdings einer wahrhaftigen Pionierleistung: Was fast schon tot schien, soll wieder sichtbar für alle aufleben! Das ist bekanntlich ein klassisches Westernsujet, der Amerikaner Peter Leonard hat genau das hier jahrelang versucht – vergeblich. Nun also Neuland unterm Pflug auf östliche Weise: Michail Scholochow statt John Wayne?
Statt eines Spielzeitheftes gibt das Volkstheater einen Kalender heraus, der so großformatig ist, dass er in keinen Koffer passt und also, wenn er dann einmal an der Wand hängt, nicht zu übersehen sein wird. Das ist auch das Ziel Latchinians: Das Volkstheater Rostock soll auf der Theaterlandkarte wieder bemerkt werden.
Gleich die erste Kalenderseite präsentiert den Intendanten an der Seite von Rostocks Oberbürgermeister Roland Methling. Gemeinsam ziehen sie an einem...