Magazin
Matt geküsst
Masha Qrella: Woanders. Staatsakt 2021, CD, 68:41 Min.
von Erik Zielke
Erschienen in: Theater der Zeit: Der Sound der Algorithmen – Schwerpunkt Musiktheater (03/2021)
Welch eine Mischung: Die sanfte, aber stimmgewaltige Masha Qrella leiht ihr Organ dem existenzialistischen Dichterfürsten von Ost-Berlin, Thomas Brasch. Wer Braschs Lyrik kennt, dem fällt die Vorstellung nicht schwer, sie auch gesungen zu hören. Der künstlerische Allrounder – Wechselgänger zwischen wirkmächtigen Filmen, pointierten Stücken und kongenialen Übersetzungen – hat schnörkellos geschrieben. Seine Gedichte besitzen eine klare Form und entfalten ihren Klang weit jenseits von Kitsch.
Dass Qrella sich nun auf ihrem Doppelalbum „Woanders“ Braschs Verse vornimmt, mag im ersten Augenblick erstaunen. Aber vielleicht war diese Annäherung der ungleichen Künstler nur eine Frage der Zeit. Masha Qrella, die mit ihren frühen englischsprachigen Postrock-Experimenten und ihrer klangvollen, unverwechselbaren Stimme von sich reden gemacht hat, ist immerhin auch in Theaterkreisen – etwa durch Zusammenarbeiten mit Gob Squad und Stefan Pucher – keine Unbekannte. Auseinandersetzungen mit Heiner Müller und Einar Schleef – Zeugnis gibt die EP „Day After Day“ – haben reiche Früchte getragen und können vielleicht als Vorarbeit zu diesem Album verstanden werden.
Jetzt also Brasch. Eine minimalistische Begleitung und unaufdringliche Elektrosounds legen den Fokus klar auf Qrellas Gesang – und auf Braschs Worte. 17 Gedichte, ein Querschnitt seines poetischen Schaffens, sind das Fundament für durchaus radiotaugliche Nummern. Dass das Album „Woanders“ heißt,...