Auf den ersten Blick haben der US-amerikanische Actionfilm „Rambo“ und Heiner Müllers Revolutionsdrama „Zement“, vor allem in ästhetischer Hinsicht, nicht viel gemeinsam, im Gegenteil. Immerhin handeln beide Geschichten von Kriegsheimkehrern: John Rambo, in Ted Kotcheffs Film (1982) gespielt von Sylvester Stallone, ist ein Vietnamkriegsveteran, der sich irgendwo im Mittleren Westen in einen eskalierenden Privatkrieg mit einem Sheriff von echtem Schrot und Korn verwickeln lässt: Kriegsexpertise und Kriegstrauma stehen hier gegen die vermeintlichen alten Werte in einer scheinbar unschuldigen, von schneebedeckten Bergen geschmückten Natur. Der Schlosser Gleb Tschumalow, Müllers Protagonist, ist dagegen ein Idealist, der, aus dem russischen Bürgerkrieg heimgekehrt, dem Sozialismus auf die Sprünge helfen möchte; der sich mit seinem natürlichen Feind, dem Bourgeois Kleist, verbündet, weil er auf dessen Expertise beim Wiederaufbau eines Zementwerks angewiesen ist.
Der Thriller, der effektbewusst auf den dritten Akt zusteuert, die totale Zerstörung, sucht vor allem den Nervenkitzel; Müllers Text von 1972 sucht die mehr oder weniger lösbaren Widersprüche in der Pionierzeit des Kommunismus. Lassen sich derart unterschiedliche ästhetische Entwürfe in einem sogenannten Live-Film umstandslos bündeln, indem man den amerikanischen und den russischen Helden in ein und demselben Schauspieler (Sebastian Kuschmann) zusammenspannt und die Unterschiede der Mentalitäten und Kontexte ignoriert? Ist das ein sinnvolles...