Interagieren, reisen und bleiben
von Rainer Simon
Erschienen in: Recherchen 101: Labor oder Fließband? – Produktionsbedingungen freier Musiktheaterprojekte an Opernhäusern (02/2013)
Auch die Frage nach den Vor- und Nachteilen der örtlichen Angebundenheit von Opernhäusern polarisiert die Befragten stark. Wie beim Ensemble so sehe ich auch hier die Möglichkeit, eine Balance zwischen den unterschiedlichen Polen – zwischen lokalem Bezug und Bezugslosigkeit, zwischen Bleibe- und Reisemodell – zu finden. Dabei geht es nicht um eine Versöhnung der kontroversen Positionen, sondern vielmehr um die Frage, inwiefern aus den durchaus widersprüchlichen, aber dennoch jeweils überzeugenden Argumenten praktische Konsequenzen gezogen werden können, die jene in ihrer Disparität weitestgehend berücksichtigen.
Sowohl Sebastian Baumgartens Beobachtung, dass sich unsere Umgebung im Zuge der Globalisierung uniformiert habe, als auch seine Schlussfolgerungen, dass eine konkrete, lokale Bezugnahme, wie sie Opernhäuser durch ihre örtliche Angebundenheit ermöglichen, auf der falschen Annahme von örtlichen Spezifika basiere und daher hinfällig sei, überzeugen durchaus. Sicherlich lässt sich Musiktheater demnach eher als eine „klaustrophobische, geheimnisvolle und mystische Innenwelt“14 verstehen; und sicherlich kann es gerade auch aus dieser Losgelöstheit von seiner konkreten Umwelt die Kraft für neue und andere Perspektiven auf unsere Wirklichkeit schöpfen. Allerdings wäre die Ausschließlichkeit, die Baumgartens Argumentation suggeriert, zu hinterfragen. Bei aller Uniformierung zeichnen sich die Städte und ihre Umgebungen doch immer noch durch gewisse Spezifika, wie zum Beispiel die Abschaffung einer...