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Erschienen in: Letzter Vorhang (05/2017)
Mir gelang es, allen und allem aus dem Weg zu gehen. Abschiedsfeste und Erinnerungskonferenzen waren meine Sache nicht, ganz gleich, ob das Fernsehen, ob Sauer samt seiner Partei oder der Personalrat dazu einluden.
Am Tag nach dem letzten Vorhang räumte ich das Büro. Es war ein Sonntag und ich konnte sicher sein, tagsüber außer Peppi niemandem zu begegnen. Auch die Kantine würde geschlossen sein. Und da ich wegen der Barfüße am Abend zuvor einen Schnupfen hatte und somit auf eine letzte Erneuerung olfaktorischer Geschichtserfassung verzichten musste, hielt ich mich im Haus so kurz wie möglich auf.
Medien-Nachrufe auf die Ära Hartung mischten sich bald mit Ankündigungen des für den Herbst anstehenden neuen Programms des liebknecht. Ich stand für keine öffentliche Stellungnahme zur Verfügung. Abgesehen von einem einzigen Interview in Theater der Zeit schwieg sich auch Hartung aus, sodass der Presse allgemein nichts weiter übrig blieb, als stellenweise bemüht klingende Retrospektiven auf die fünfundzwanzig Jahre abzusondern. Hartungs Interview erhielt jedoch eine sonderbar realistische Wendung, als er ungefragt feststellte, dass die Freundschaft zu Matze Pollack die einzige gewesen sei, deren In-die-Brüche-Gehen er bedaure. Wir haben uns nicht wiedergesehen.
Die einzig mögliche und rein zufällige Begegnung mit Candice verhinderten die Gleise der...