Wider die Normierung
von Rainer Simon
Erschienen in: Recherchen 101: Labor oder Fließband? – Produktionsbedingungen freier Musiktheaterprojekte an Opernhäusern (02/2013)
Über die generelle Unzulänglichkeit der traditionellen Probendisposition für freie Musiktheaterproduktionen besteht unter den Befragten weitestgehend Einigkeit20 – nicht aber über die konkreten Problemstellen. Das Gros der Befragten bemängelt, dass für Experimente nicht genügend Probenzeit zur Verfügung stünde. Insbesondere die Anzahl der Bühnenproben im Originalbühnenbild, -kostüm, -licht und -ton sei aufgrund der Bühnenbelegung durch die allabendlichen Repertoirevorstellungen viel zu kurz bemessen. Wer innerhalb der engmaschigen und defizitären Zeitplanung überhaupt etwas auf die Bühne bringen wolle, könne kaum etwas aus dem Moment heraus entwickeln, sondern müsse mit einem vorgefertigten Plan in die Proben gehen. Dem setzt Eberhard Kloke die unkonventionelle Auffassung entgegen, dass die Probenzeiten an festen Häusern zu lang seien; durch eine Kürzung könne vor allem die Zahl der Neuproduktionen pro Spielzeit erhöht werden. Auch hinsichtlich des Produktionsstarts zeichneten sich in den Gesprächen Differenzen ab: Während Eberhard Kloke eine kurze Vorlaufszeit, in der sich die Probenenergie bündle und konzentriere, begrüßt, begreift Heiner Goebbels den traditionellen Produktionsstart (vier bis acht Wochen vor der Premiere) für seine Projekte als viel zu spät; seine ersten Proben beziehungsweise Workshops müssten bereits mindestens ein Jahr vor der Premiere beginnen.
Da diese unterschiedlichen Präferenzen abermals den divergierenden, frei gewählten Arbeitsweisen geschuldet zu sein scheinen und als...