Wien
Wiener Theatersorgen
von Fritzi Hausmann
Erschienen in: Theater der Zeit: Diskussionen ohne Grundlage (11/1946)
Mit derselben erstaunlichen Schnelligkeit und Intensität wie in Deutschland ist in Österreich das Theaterleben schon kurze Zeit nach Kriegsende wieder zu neuer Blüte gekommen. Aber man stellt sich bereits heute die ernste Frage, ob es sich dabei nicht vielleicht nur um eine konjunkturbedingte Scheinblüte handle, die nach Wegfallen der günstigen Zeitumstände zum schnellen Welken verurteilt sein wird.
Unmittelbar nach dem Zusammenbruch schossen in Wien Kabaretts, Varietés und Vergnügungslokale wie die Pilze aus der Erde, sie hatten von seiten der Besatzungssoldaten und der damals noch in Geld schwimmenden Wiener lebhaften Zuspruch und florierten eine Zeitlang; als die Umstellung von der Mark- auf die Schillingwährung das Geld in den Taschen der Menschen knapp werden ließ, musste allerdings eines nach dem anderen wieder die Tore schließen.
Mit diesem rein materiellen Problem aber haben sich heute nicht nur die leichten Varietés, sondern auch die großen und berühmten Wiener Theater auseinanderzusetzen, deren Zuschauerräume jetzt vielfach leer sind, während es im Kriege nur mit großer Mühe möglich war, Karten für ihre Vorstellungen zu bekommen.
Die Wiener Oper und das Burgtheater haben durch den Krieg ihre traditionellen Häuser verloren. Das herrliche, prangende Burgtheater ist ausgebrannt und durch eine Sprengbomben in den Bühnenraum getroffen worden; die Staatsoper, deren...